Erstes Hevajra-Drubchen in Europa –
Vom 18. bis 25. August 2018 fand im Milarepa Retreat Zentrum in Schneverdingen erstmals in Europa ein Hevajra-Drubchen nach der Marpa Ngok Übertragung der Drikung Kagyü Linie unter der Leitung Seiner Heiligkeit Drikung Kyabgön Thinle Lhundup statt. Diese besondere Übertragung geht auf den großen Übersetzer und Meditationsmeister Marpa zurück, der im 10. Jhdt. dreimal von Tibet nach Indien reiste, um Belehrungen zu erhalten und zu praktizieren. Hevajra war dabei Marpas Haupt-Yidam aus den 13 Mutter-Tantras.
Im Juli 2017 hatte Seine Heiligkeit das Milarepa Retreat Zentrum in Deutschland offiziell zu dem Ort erklärt, wo das Drubchen und die gesamten Mar-Ngok Hevajra Tantra Belehrungen als „Spezialgebiet“ praktiziert werden sollen. Seine Heiligkeit möchte damit Marpas Yidam-Praxis wiederbeleben, da die Mar Ngok Linie vom Aussterben bedroht ist. Von 2018 an finden daher jährlich abwechselnd ein Hevajra- und ein Nairatmya-Drubchen aus dem Hevajra-Mandala in Schneverdingen statt.
Die Durchführung der Praxis
Ein Drubchen zeichnet sich dadurch aus, dass das Mantra ohne Unterbrechung Tag und Nacht rezitiert wird. Der Ablauf beim Hevajra-Drubchen in Schneverdingen sah vor, dass jeweils in den Pausen zwischen den vier Tagessitzungen, während der Essenszeiten und nachts das Mantra rezitiert werden sollte. Die Praxis wurde daher abends ab dem Zeitpunkt der Widmungs- und Wunschgebete in der letzten gemeinsamen Sitzung bis zum Beginn der Zufluchtsgebete in der ersten Sitzung des Folgetages im Meditationsraum von einer Gruppe von jeweils vier bis acht Personen für jeweils zwei Stunden weitergeführt. Während dieser Zeit durfte die Mantra-Kette nicht abreißen bzw. musste von mindestens vier Praktizierenden fortlaufend rezitiert werden.
Über Listen konnten wir uns für Gruppen zu bestimmten Zeiten eintragen. In den späten Nachtsitzungen musste man schon aufpassen, dass man während der Mantra-Rezitation nicht mal einnickt, aber dafür war die Stimmung durch die Ruhe und das etwas gedämmte Licht förderlich für das Praktizieren. Für die Teilnehmer, die während der Essenzeiten oder nachts das Mantra rezitierten, wurde Essen auch außerhalb der Essenszeiten bereitgestellt.
Auf Wunsch Seiner Heiligkeit wurde der Hevajra-Text während des Drubchens nur auf Englisch und nur über eigens in der Gompa installierte Bildschirme bzw. als Datei zur Verfügung gestellt, zum einen aus ökologischen Gründen, um den Papierverbrauch zu minimieren, und zum anderen, da es sich noch nicht um die finale Version handelte. Auch wenn die Gestaltung des Meditationstextes für Bildschirme gut gemacht war – hellgelbe Schrift auf schwarzem Grund – so empfanden viele das Rezitieren des Textes auf diese Weise auf Dauer als anstrengend. Die Verwendung eines Laptops bzw. Tablets war für einige angenehmer. Zunächst war auch das Tempo der Rezitation recht hoch und dazu auf Englisch, sodass kaum Zeit war, sich auf das Gesagte zu konzentrieren. Nach den ersten Tagen wurde die Rezitation dann ruhiger.
Ebenfalls auf Wunsch Seiner Heiligkeit wurden für die Gesänge während der Sitzungen erstmals europäische Melodien kreiert, was anfänglich ungewöhnlich anmutete. Vor dem Retreat wurde daher eine Gruppe von SängerInnen von der Vorsängerin mit den Melodien vertraut gemacht, so dass es für die TeilnehmerInnen einfacher war, die eingängigen Tonfolgen aufzunehmen, die Personen in ihrer Nachbarschaft schon kannten. Auch die Rolle des Umzes (Vorsänger beim Rezitieren) wurde erstmals an einen Laienpraktizierenden übergeben.
Da es sich um ein geschlossenes Retreat handelte, war es nur möglich an der kompletten Woche teilzunehmen und nicht nur an einzelnen Tagen. Das Hevajra-Drubchen selber begann nach der zweitägigen Hevajra-Initiation und den Belehrungen damit, dass Seine Heiligkeit Drikung Kyabgön Thinley Lhundup das Retreat-Gelände versiegelte und die ca. 150 Teilnehmer ab diesem Zeitpunkt schweigen sollten. Teilnehmer mit externen Unterkünften durften das Gelände abends verlassen, sollten aber das Schweigen trotz des Ein- und Austretens aus dem Mandala möglichst nicht unterbrechen. Lediglich zur Feuer-Puja, die am letzten Tag nach dem Tsog begann, waren dann auch wieder Personen zugelassen, die nicht am Drubchen teilgenommen hatten.
Zum Abschluss der Woche wurde das Leben von Milarepa von einer Theatergruppe aufgeführt, die eigens für diesen Besuch aus Riga, Lettland, angereist war.
Nairatmya-Drubchen im Mai 2019
Im nächsten Jahr wird Seine Heiligkeit das Nairatmya-Drubchen vom 4. bis 11. Mai leiten und Hevajra-Belehrungen aus dem Bumchung Nyima Text geben. Ein entsprechender Retreat-Text und auch entsprechende Melodien, die bei einigen Lobpreisen usw. zum Einsatz kommen, werden gerade vorbereitet.
Nähere Informationen sind auf den Internetseiten des Milarepa Retreat Zentrums zu finden.
Dorothée Söndgen und Christian Licht
Chakrasamvara-Drubchöd mit Drubpön Sonam Jorphel Rinpoche
Drubpön Sonam Jorphel Rinpoche war trotz seines aktuellen Herzleidens und seiner allgemeinen Erschöpfung im November in das Zentrum Drikung Ngaden Chöling in Medelon gekommen, um dort ein neuntägiges Drubchöd des Chakrasamvara (tib. Khorlo Demchog) durchzuführen. Er wurde von Mönchen aus seinem Kloster begleitet, die die Praxis und Rituale anleiteten. Es fanden jeden Tag jeweils drei Meditationssitzungen von zwei bis zweieinhalb Stunden Dauer statt. Währenddessen wurde ein Text zur Praxis von Chakrasamvara mit ergänzenden Gebeten zur Durchführung eines Drubchens sowie zu den verschiedenen Einweihungen rezitiert. Außerdem wurden täglich die Praxis des Guru-Yoga sowie die Dharmapala-Puja und die Praxis des Chöd ausgeführt.
Es war Rinpoche ein großes Anliegen, dass möglichst viele seiner Schülerinnen und Schüler in Medelon zusammenkamen, um die Chakrasamvara-Praxis gemeinsam zu praktizieren. Auch wer die Praxis noch nicht durchgeführt hatte, konnte an den Rezitationen teilnehmen. So kamen viele Personen zusammen, von denen sich die meisten verpflichteten, diese Praxis auch in der Zukunft weiter durchzuführen und möglichst oft an den Drubchöds teilzunehmen. Rinpoches Wunsch gemäß soll die Praxis demnächst einmal jährlich mit Unterstützung von Mönchen aus seinem Kloster durchgeführt werden. 2019 wird das Drubchöd voraussichtlich wieder im Herbst stattfinden.
Mit dem jährlichen Chakrasamvara-Drubchöd möchte Rinpoche sicherstellen, dass die Übertragung der Lehren der Drikung-Linie in Deutschland und Österreich – insbesondere deren Herzstück, die Praxis der Devas Chakrasamvara und Vajrayogini – in die er all seine Kraft und sein ganzes Herz hineingelegt hat, auch in Zukunft weitergeführt wird und sich alle zumindest einmal im Jahr als Sangha zusammenfinden.
Die für den Abschlusstag geplante Chöd-Einweihung konnte Rinpoche leider nicht mehr durchführen, da er aus gesundheitlichen Gründen früher abreisen musste. Nach seiner Abreise führten die anwesenden Mönche und die TeilnehmerInnen das Drubchöd wie geplant weiter fort. Auch wurde schon mit der Terminfindung und weiteren Planung für die Veranstaltung im nächsten Jahr begonnen.
Wir sind erleichtert, dass es Rinpoche inzwischen wieder besser geht und beten weiter für seine Gesundheit und sein langes Leben. Nähere Informationen werden auf den deutschen Drikung-Webseiten bekannt gegeben. Dort gibt es auch eine Sammlung langer und kurzer Langlebensgebete für Drubpön Sonam Jorphel Rinpoche, die man herunterladen kann.
Auch bittet S.E. Garchen Rinpoche alle Schüler, das Mantra der weißen Tara viele Male für Drubpön Sonam Jorphel zu rezitieren. Jeder kann dann die Anzahl der rezitierten Mantras an das Garchen Institut schicken, wo sie gesammelt und weitergeleitet werden.
Adresse für die Mantras: questions@garchen.net.
OM TĀRE TUTTĀRE TURE MAMA ĀYUR GYĀNA PUNYE PUSCHTING KURU SWĀHĀ/
Dorothee Söndgen und Tändsin T. Karuna