Retreatteilnehmer

Berichte vom Drei-Jahres-Retreat in Almora, Nordindien

Ein frohes und glückliches Neues Jahr an alle Zentrumsmitglieder und Besucher des Aachener Zentrums, und alle, die mich (Ulla) kennen. Mögen alle Eure Wünsche in Erfüllung gehen. Einen herzlichen Dank für Euren Einsatz und die Unterstützung des Drei-Jahres-Retreats. Zunächst einige kurze Beiträge von anderen Retreat-Teilnehmern:

Berichte über das Retreat in Almora

Bis jetzt haben unsere Bemühungen im Retreat hier in Almora (Indien) uns im höchsten Maße die Augen geöffnet. Unser ursprünglicher Drubpön, Lama Champa Rigdzin, bereitete uns auf unsere Reise vor. Doch es wiederfuhren ihm unglückliche Umstände. Das war sowohl für ihn also auch für die Retreat-Gruppe schwierig.

Durch viele Segenswünsche leitet uns jetzt Khenpo Könchog Tashi mit Liebe und großem Geschick. Wir sind vom Glück begünstigt, dass wir hier die tiefgründigen Methoden der Drikung Kagyü unter einem wunderbaren Meister üben können. Auch unterstützen uns Ingrid und Lhakyap, die beide selbst früher im Retreat waren, von Tag zu Tag mit aller Hilfe, die wir brauchen, einschließlich der wichtigen Aufgabe der Übersetzung.

Ich bin sicher, dass ich für alle in der Retreat-Gruppe spreche, wenn ich warmherzige und liebevolle Grüße an all unsere freundlichen, hilfsbereiten Sponsoren sende. Ohne ihre Hilfe hätten viele von uns nicht die Möglichkeit, an dieser lebensverändernden Erfahrung teilzuhaben.

Dank an alle, die helfen, diesen potenziell schwierigen Prozess und dieses Vorhaben viel, viel leichter zu machen. Mögen all ihre Beiträge und die Praxis hier in Almora allen fühlenden Wesen von Nutzen sein.

– Bryan Davis (Könchog Jamden Chogyal), Retreat-Teilnehmer

Hallo! Mein Name ist Könchog Gyatso, Mönch der Drikung Kagyü Linie. Ich komme aus Lapchi in Nepal und reiste zum Kloster Jangchub Ling nach Dehra Dun in Indien. Ich empfing 2005 die Ordination von S.H. Chetsang Rinpoche und besuchte danach das Drikung Kagyü College bis 2008. Als ich von dem Retreat in Almora hörte, bat ich Seine Heiligkeit, an dem Retreat teilnehmen zu dürfen und erhielt die Erlaubnis.

Ich denke, dass die Einrichtung hier sehr gut ist und eine gute Praxis ermöglicht. Wir sind alle sehr glücklich zusammen. Die Beziehungen zwischen den Mönchen und der Laiengruppe sind sehr gut und harmonisch und wir unterstützen uns gegenseitig in der Praxis. Mögen alle Sponsoren und Unterstützer sowie alle Wesen das unübertroffene immerwährende Glück der Buddhaschaft erlangen.

– Könchog Gyatso aus Lapchi

Die Retreat-Gruppe

Ergänzend zu den Beiträgen der Teilnehmer möchte ich einen kurzen Überblick über die Situation im Drikung Drei-Jahres-Retreat für Internationale Studenten schicken. International ist vielleicht wirklich das einzig passende Wort für unsere Retreat-Gruppe, weil wir so durchmischt sind, die „Westler“ sind in der Mehrheit. Es gibt auch einige Asiaten und die – nach der Kommunikationsprache Englisch – am meisten gesprochene Sprache ist nicht etwa Tibetisch, nein, es ist Chinesisch. Die deutsche Sprache ist dank Ingrid (als Betreuerin) mit Martin und mir dreifach vertreten. Unter den „Westlern“ sind auch zwei Mönche, so dass man auch nicht von einem Retreat für Laien oder Mönche sprechen kann.

Wir sind zur Zeit 15 Retreatler. Fünf aus Singapur, zwei aus Tibet, zwei aus Deutschland, je eine(r) aus Malaysia, Nepal, Bhutan, China, Russland und Amerika. Darunter sieben Mönche und acht Laien. Wir erwarten noch zwei Nonnen aus Tibet, die zur Zeit in Bodhgaya Niederwerfungen machen. Das verändert das Männer/Frauen Verhältnis. Im Moment ist das weibliche Geschlecht mit drei Frauen schwach vertreten.

Die Betreuung

Betreut werden wir von Ingrid aus der Schweiz und Lhakyab aus Limi, einer Gegend in der Nähe des Kailash. Ihr Sohn James (zwei Jahre alt) wächst in einer munteren Sprachenvielfalt auf. Nachdem klar wurde, dass Drubpön Champa Rigzin wohl für längere Zeit nicht zurückkehren könnte, hat Seine Heiligkeit Ingrid und Lhakyab zu uns geschickt, um für uns in spiritueller als auch in weltlicher Sicht zu sorgen. Wir waren (und sind es heute noch) sehr erleichtert, als sie Ende Mai hier in Almora ankamen.

Nun sind wir schon fast ein Jahr in Almora und sind nach den Anfangsschwierigkeiten ein wenig zur Ruhe gekommen. Auch die aufgewühlten Gedanken haben sich gesetzt, vor allem dank der Präsenz unseres neuen Retreat-Meisters, Khenpo Konchok Tashi. Er ist sowohl eine Schatzkammer des Wissens (zehn Jahre Khenpo und Prinzipal am Drikung Kagyu College) als auch ein großer Praktizierender (sechs Jahre geschlossenes Mahamudra Retreat), welchem es mit unendlicher Geduld gelingt, unsere Fragen aufs Wesentliche, jedoch detailliert zu beantworten und zwar bevorzugt aus der Sicht von Mahamudra. Durch seine offene Weite konnten wir rasch ein Vertrauensverhältnis zu ihm aufbauen. Er und sein Assistent Babu leben mitten unter uns in den neuen Retreat-Häusern. Auch dies ist eine Erfahrung, die wir nicht missen möchten.

Die Umgebungsbedingungen

Froh haben wir die neuen Appartements bezogen, die während des letzten Retreats erbaut wurden und mit Kochnische und eigenem Bad ausgestattet sind, obwohl ich in Zeiten von häufigem Wassermangel bei den beiden Wasserhähnen schon an „Potemkinsche Dörfer“ denken musste. Fließendes, sauberes Wasser ist hier ein echtes Problem. Doch dank Rachels  Engagement haben wir einen Umkehrosmose-Wasserfilter für unser Trinkwasser in einem Raum im Retreat-Bereich. Darüber sind wir höchst glücklich.

Die täglichen Stromausfälle gehören auch mit zum Programm.

Gerade hat die kalte Jahreszeit begonnen. Ich schätze, im Moment haben wir 5-8°C, Anfang des Jahres hatten wir einige Tage Minusgrade. Ohne Heizung muss man sich halt warm einpacken. Gerne würde ich meinen Gasherd ein bisschen brennen lassen, doch leider gibt es mal wieder eine Gaskrise. Wir befinden uns spürbar in Indien. Ansonsten vergesse ich es manchmal, wenn ich in meinem Zimmer sitze und praktiziere. Ich könnte irgendwo sein. Es wird ja immer wieder gelehrt, dass man für den Dharma Schwierigkeiten auf sich nehmen soll. Das sind die Mühen und Nöte für uns verwöhnte Westler. Jedoch bei Weitem kein Vergleich zu dem, was Naropa und Milarepa an Schwierigkeiten auf sich nahmen!

Der Retreat-Ablauf

Gewöhnt haben wir uns an das Praktizieren mit einem recht strikten Zeitplan. Auch ich habe mir mein Viertelstündchen Verspätungsindividualität „geschenkt“ und bin jetzt einfach pünktlich. Ich glaube, es tut dem Geist nur gut, wenn man ihm die Gelegenheit gibt, sich auf die wirklich wichtigen Dinge zu konzentrieren. Seit drei Monaten haben wir einen Koch und auch das verschafft uns mehr Zeit für die Praxis. Die Vorbereitenden Übungen (Ngöndro) in ihrer Gesamtheit erscheinen manchmal wie eine Art „Härtetest“ für die höheren Meditationen. Einige sind inzwischen bei der Praxis des Deva, einige beenden die Vorbereitenden Übungen und einige wiederholen sie.

Das tibetische Wort für Meditation ist „gom“ und bedeutet: „sich (an etwas) gewöhnen“. So gewöhnen wir uns Schritt für Schritt an unser Drei-Jahres-Retreat im Befolgen der Instruktionen und im Begegnen von Hindernissen. S.H. Drikung Kyabgön Chetsang Rinpoche hat uns seinen Segen mit der Chakrasambhava-Einweihung gewährt, welche er hier im September gegeben hat.

Ich weiß nicht, ob wir es ermessen können, welch großartige Gelegenheit wir hier bekommen haben, den Dharma zum Wohle aller Wesen zu praktizieren und Teilnehmer dieses Drikung Drei-Jahres-Retreats zu sein. Ein herzliches Dankeschön an alle Unrestützer/innen, die uns sowohl materiell als auch ideell beistehen.

Das Visum

Zu guter letzt noch ein paar Worte zum Thema Visa. Dieses Retreat scheint zumindest in seinem ersten Jahr viel mit Bewegung zu tun zu haben. Für acht Retreatler ist es enorm schwierig, ein Langzeitvisum zu erhalten. Es ist mit hohen Kosten verbunden und bedeutet wiederholtes Ein- und Ausreisen. Das rührt den Geist wieder von Neuem auf oder man bringt Verdunkelungen mit zurück. Der indische Staat hat seine Bedingungen sehr verschärft. Die Details würden Seiten füllen. Einzig unser Amerikaner scheint hier höchst willkommen zu sein, er bekam ohne Umstände ein 10-Jahresvisum. Wir acht müssen jetzt alle unser Visum im Mai/Juni verlängern und Grace Ende März.

So jetzt mache hier erstmal Schluss. Es gibt viel zu berichten, zu reflektieren. Lasst mich wissen, was Euch sonst interessiert.

Alles Liebe und Rainfalls of Blessing (für die Einweihungen mit S.H. Drikung Chetsang Rinpoche) in München.

Ulla Heinisch

Ergänzung zum Dreijahres-Retreat in Almora

Inzwischen war Khenpo Tashi Rinpoche in unserem Zentrum in Aachen zu Besuch und wir konnten mit ihm über die Situation und seine Pläne in Almora sprechen. Khenpo Rinpoche hat selbst sechs Jahre Retreat abgeschlossen, nachdem er nach seinem Studium bereits mehrere Jahre das Drikung-Kagyü-Institut geleitet hat. Obwohl er – nach dem Vorbild seines ersten Retreat-Meisters, dem Mahasiddha Drubwang Rinpoche – noch weitere Jahre im Retreat verbringen wollte, hat er auf Wunsch von S.H. Drikung Kyabgön und S.E. Garchen Rinpoche die Aufgabe übernommen, nach Almora zu gehen. Wir freuen uns sehr, dass die Retreat-Personen mit ihm nun wieder gut versorgt sind. Sie befinden sich jetzt im geschlossenen Retreat und machen gute Fortschritte in ihrer Praxis.

Khenpo Rinpoche gibt aber nicht nur die notwendigen Übertragungen und Anleitungen für das Retreat, sondern macht sich auch Gedanken über die weitere Entwicklung dieses wichtigen Platzes. Neben den Übertragungen und Unterweisungen durch die spirituellen Meister und den Arbeiten an den Dharma-Schriften ist die Entwicklung im eigenen Geist zum Erhalt des Buddha-Dharma notwendig und es liegt Khenpo Rinpoche sehr daran, dass auch in der heutigen Zeit längere Retreats durchgeführt werden können, um tiefere Erfahrungen im Dharma zu ermöglichen. Wir werden mit ihm in Kontakt bleiben und über die weitere Entwicklung in Almora berichten.

Mögen seine Wünsche in Erfüllung gehen.

Tändsin T. Karuna

Aus Rundbrief 2/2009