Die ersten Nonnen werden in einem Jahr das buddhistisch-philosophische Studium in Samtenling abschließen – ein Meilenstein in der Geschichte, da es Nonnen bis dahin nicht möglich war, die gleiche Ausbildung wie die Mönche zu erhalten. Ihnen wird dann auch der Titel einer Archaya verliehen und nach einigen Erfahrungen in der Lehrtätigkeit können sie Khenmo werden. So können nach und nach die Mönche, die derzeit noch im Nonnenkloster lehren, durch gut ausgebildete Nonnen ersetzt werden.
Leider gibt es seit ein paar Jahren Probleme bei der Finanzierung des Klosters, so dass keine neuen Nonnen aufgenommen wurden. So sind die ersten Klassen des Studienprogramms derzeit nicht besetzt, was die Kontinuität des Studiums gefährdet. Aber der Reihe nach:
Entwicklung des Klosters
In den letzten 15 Jahren haben wir immer wieder über die Entwicklung des Nonnenklosters Samtenling berichtet, mit dem unser Zentrum eine enge Verbindung hat. 1997 wurde das Nonnenkloster Samtenling auf dem Gelände des Retreat-Zentrums des Drikung Kagyü Institutes in Dehra Dun eröffnet. Zu der Zeit flohen viele Nonnen unter schwierigen Bedingungen über den Himalaya aus Tibet und suchten in Indien nach einer neuen Bleibe. So bot S.H. Drikung Kyabgön Chetsang Ihnen mit dem Kloster ein neues Zuhause.
Nach und nach wuchs das Kloster und die Anzahl der Nonnen. Es entstand zunächst ein grundlegendes Ausbildungssystem, so dass die Nonnen das Tibetische in Schrift und Sprache gut beherrschten, wichtige Gebete und Rituale ausführen und die Basis der buddhistischen Lehre kennenlernen konnten. Zudem werden im Kloster neben den Dharma-Klassen auch Englisch, Mathematik und allgemeine Grundkenntnisse vermittelt.
Der ein oder andere erinnert sich bestimmt noch an die Europatournee der 13 Nonnen aus Samtenling, die unser Zentrum 2004 organisiert hat. Es wurden Maskentänze, Rituale und Gebete in sechs Ländern auf z.T. großen Bühnen durchgeführt. Die Resonanz war durchweg positiv, da die Nonnen sehr konzentriert und authentisch ihre Tradition vermittelten.
Zeitweilig hatten wir bis zu 15 Patenschaften, wodurch das Leben und die Ausbildung der Nonnen finanziert werden konnte. Natürlich kommt das Geld nicht einer einzelnen Nonne zu Gute, sondern der ganzen Klostergemeinschaft, doch kann man über die Patenschaft einen direkten Kontakt zu einer Nonne aufbauen. In den letzten Jahren ist die Anzahl der Patenschaften leider etwas zurückgegangen.
Wir hatten im Juli das Glück, dass Ani Sherab Dolma (Katrin Querl) zusammen mit Khenpo Chökyab unser Zentrum besuchte. Sie lebt seit drei Jahren mit den Nonnen in Samtenling und durchläuft die gleiche philosophische Ausbildung wie sie. In einem Vortrag hat sie uns einen Einblick in die Struktur und das Leben des Klosters geben können. Einiges davon möchte ich an dieser Stelle weitergeben.
Struktur des Klosters
Es gibt drei Abteilungen in Samtenling:
- die Studienabteilung (tib. Shedra)
- die Klosterabteilung (tib. Dratsang)
- die Klausurabteilung (tib. Drubde)
Mädchen, die in das Kloster eintreten möchten, sollten mindestens 16 Jahre alt sein. Auch, wenn die meisten aus der Himalayaregion stammen, können sie häufig nicht gut genug Tibetisch schreiben, verstehen und sprechen. Daher gibt es vorbereitende Klassen, in denen dies vermittelt wird, da es die Grundlage für alle weiteren Studien ist.
Später kann man dann entscheiden, ob man eher in die Studienabteilung oder Klosterabteilung gehen möchte. Im Allgemeinen kann man nach einer Ausbildung in einer dieser beiden Abteilungen in die Klausurabteilung wechseln und sich intensiver der Meditation widmen.
1. Die Studienabteilung
In der Vorbereitungsklasse (Ngöndro) für das neunjährige Studium wird Der kostbare Schmuck der Befreiung von Gampopa gelehrt. Anschließend werden in den Studienjahren weitere wichtige, umfassende Texte besprochen, wobei diese auch Gegenstand der täglichen Debatten sind. Zudem gibt es verschiedene Nebenfächer. Nachfolgend findet sich eine Auflistung des Studienprogramms:
Jahrgangsstufe |
Hauptfach |
Nebenfächer |
Ngöndro | Juwelenschmuck der Befreiung | Grammatik, Düdra |
Jahr 1 | Bodhicaryavatara | Grammatik, Lorik & Tagrik |
Jahr 2 | Pramanavartika | Grammatik, Geschichte |
Jahr 3 | Madhyamakavatara | Grammatik |
Jahr 4 | Abhisamayalamkara 1/2 | Grammatik |
Jahr 5 | Abhisamayalamkara 2/2 | Poesie 1/2 |
Jahr 6 | Uttaratantra | Poesie 2/2 |
Jahr 7 | Vinaya | |
Jahr 8 | Gongchik | |
Jahr 9 | Tantra |
Der Tagesablauf gestaltet sich normalerweise so, dass die Nonnen gegen fünf Uhr aufstehen. Um 6 Uhr gibt es Frühstück und um 7:30 Uhr beginnt die erste Unterrichtsstunde. Unterbrochen von den Mahlzeiten gibt es verschiedene Unterrichtseinheiten und Zeiten, in denen man das Vermittelte nachbereiten bzw. wiederholen kann. Im Allgemeinen endet ein „Wochentag“ um 22 Uhr (Winter) bzw. 22:30 Uhr (Sommer).
Sonntags ist nur vormittags Unterricht. Nachmittag gibt es den „Sunday Club“, wo die Nonnen anderen Angeboten wie z.B. Malen nachgehen können. Am späteren Nachmittag werden allgemeine Klosterarbeiten gemeinsam durchgeführt. Montag ist der freie Tag, aber auch hier kann es immer mal wieder sein, dass andere Aktivitäten anstehen, sei es dass z.B. bestimmte Gebete und Pujas aus besonderem Anlass gemeinsam durchgeführt werden.
Es werden zweimal jährlich Prüfungen geschrieben, wobei die Fragen von Lehrern in anderen Klöstern gestellt und bewertet werden. Jede, die an der Prüfung teilnimmt, bekommt eine Nummer, so dass der Prüfer weder weiß, ob es sich um eine Nonne oder einen Mönche handelt, noch wer die Prüfung geschrieben hat. Im Vergleich zu den Mönchen schneiden die Nonnen sehr gut ab oder sind sogar besser. Auch wenn es sich schon sehr verbessert hat, sind die Nonnen immer noch zurückhaltender als die Mönche. Mit zunehmenden Fortschritten in der Ausbildung wird das Selbstbewusstsein sicher weiter zunehmen.
2. Die Klosterabteilung
Auch in dieser Abteilung werden grundlegende Texte studiert, aber der Schwerpunkt liegt auf dem Erlernen und Durchführen von Ritualen und Gebeten. Hierbei gibt es ein ganze Reihe verschiedener Meditationen, die zu den jeweiligen Anlässen durchgeführt werden. Aus der buddhistischen Gemeinschaft vor Ort aber auch von anderen Personen aus der Himalayaregion oder von Übersee werden die Nonnen gebeten, bestimmte Rituale, Gebete oder Meditationen durchzuführen, wenn z.B. jemand ernsthafte Schwierigkeiten oder gesundheitliche Probleme hat oder wenn jemand verstorben ist. Man revanchiert sich mit einer Spende an das Kloster.
Es ist auch für uns möglich, dieses Angebot wahrzunehmen. Wir haben im Zentrum eine Liste mit den verschiedenen Gebeten, Meditationen usw., die man im Kloster bestellen kann. Dabei gibt es auch Anhaltspunkte für eine angemessene Unterstützung des Klosters. Wer von diesem Angebot Gebrauch machen möchte oder mehr Informationen wünscht, kann uns gerne kontaktieren.
Nach einer Ausbildung in der Studien- oder Klosterabteilung haben einige Nonnen den Wunsch, intensiver Meditation zu praktizieren, um direkte Erfahrungen von dem zu machen, auf was die Lehre des Buddha hinweist. Häufig findet dies im Rahmen einer dreijährigen Klausur unter Anleitung eines erfahrenen Meditationsmeisters statt. Auf dem Gelände des Kloster gibt es 14 Klausurzimmer. Derzeit befinden sich neun Nonnen in Klausur. Sie führen mitunter schon zum zweiten oder dritten Mal die Dreijahresklausur aus. Später können einige dieser Nonnen als Meditationsmeisterinnen andere in der Klausur anleiten.
Essen und weitere Aktivitäten
Seit ca. 1,5 Jahren gibt es eine Köchin im Kloster, die mit der Hilfe der Nonnen das Essen zubereitet. Zuvor mussten jeweils drei Nonnen für die 70-80 Personen im Kloster eine Woche lang kochen. Außer dass diese Arbeit körperlich sehr anstrengend war, konnten sie auch dem Unterricht für diese Woche nicht folgen. Dies wieder aufzuholen ist sehr schwierig, da laufend neue Inhalte gelehrt werden. Die aktuelle Lösung, die die Nonnen sehr begrüßen, wurde durch eine zusätzliche finanzielle Unterstützung des Klosters für diesen Zweck möglich. Wir hoffen, dass dies auch weiterhin Bestand haben wird.
Zwei Nonnen wurden in erster Hilfe ausgebildet, so dass sie vor Ort eine Erstversorgung durchführen können. Eine ausgebildete Krankenschwester kann im nahegelegenen Mönchskloster Jangchub Ling zur Not angefragt werden. Die meisten medizinischen Kosten werden vom Drikung Kagyu Medical Fund übernommen, insbesondere wenn private Ärzte bei schwerwiegenden Gesundheitsproblemen aufgesucht werden müssen.
Zwei weitere Nonnen können Yoga unterrichten und ermutigen die anderen Nonnen in der Ausübung. Dies trägt zur Gesunderhaltung der Nonnen bei.
Im Sommer führen die Nonnen eine sechswöchige Klausur (tib. Jarne) aus. Schon der Buddha hat den Ordinierten empfohlen, im Sommer eine mehrwöchige Klausur während der Regenzeit durchzuführen. Im Mai beginnen die zweimonatigen Ferien für die Nonnen. Da die Temperaturen im Mai sehr hoch sind und im Juni der Monsun beginnt, verreisen viele Nonnen an angenehmere Orte und kommen erst zu Beginn des neuen Schuljahres wieder zurück.
Aktuelle Situation und Bitte um Unterstützung
Wir suchen daher nach Paten oder Sponsoren, die eine Nonne oder das Kloster allgemein unterstützen. Mit einem Betrag zwischen 30-40 € kann der Lebensunterhalt und die Ausbildung einer Nonne abgedeckt werden. Wer auch immer durch eine Spende, einen monatlichen Beitrag oder eine Patenschaft mithelfen kann, jungen Nonnen einen gute Dharma-Ausbildung zu ermöglichen, möge sich bitte bei uns melden.
Im Nachfolgenden stellen wir kurz zehn Nonnen vor, für die man eine Patenschaft übernehmen kann. Es besteht die Möglichkeit, über Briefe oder per Email in Kontakt zu kommen. Für alle Spenden oder Patenschaften schicken wir am Anfang des folgendes Jahres steuerlich absetzbare Spendenbescheinigungen zu.