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Das Eis-Stupa-Projekt von S.H. Drikung Kyabgön Chetsang

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Künstlicher Gletscher in Form einer Eis-Stupa in Ladakh.
Ein Projekt, initiiert Von S.H. Drikung Kyabgon Chetsang in Zusammenarbeit mit Secmol.

Hintergrund

Ladakh ist eine Gebirgswüste im Transhimalaya im äußersten Norden Indiens mit Dörfern in Höhen zwischen 2.700 bis 4.000 m Höhe. Es ist eine kalte Wüste mit Wintertemperaturen bis zu -30° C und einem durchschnittlichen jährlichen Regen-/Schneefall von nur 100 mm. Menschliche Siedlungen liegen so gut wie immer an Ufern von Gletscherströmen; diese Ströme oder Flüsse münden schließlich als Zuflüsse in den Indus sowie weitere Flüsse. Das Geheimnis menschlicher Besiedlung in dieser kalten Wüstengegend ist die Kunst, das Wasser der Flüsse durch ausgeklügelt angelegte Kanäle abzuleiten, um die Wüste zu bewässern und Getreide wie Gerste, Weizen sowie Gemüse, und Bäume wie Aprikosen, Äpfel, Weide und Pappeln wachsen zu lassen.

Das Problem

Die meisten Dörfer sehen sich besonders in den kritischen Monaten April und Mai, wenn die Flüsse wasserarm sind, einem akutem Wassermangel gegenüber, und das ganze Dorf wetteifert dann darum, die Felder bewässert zu bekommen. Bis Mitte Juni gibt es dann wiederum Wasser im Überfluss und sogar Überschwemmungen, weil der Schnee und die Gletscher in den Bergen so schnell schmelzen. Wenn es Mitte September ist, ruht die Landwirtschaft dann ohnehin, und so fließt ab dem Zeitpunkt das Flusswasser stetig aber ungenutzt in den Indus, was sich angesichts der Zustände im Frühling wie Verschwendung anfühlt. Das geht dann so weiter bis zum folgenden Frühling, wenn der Kampf um Wasser unter den Dorfbewohnern erneut beginnt. Und in dem Maß, wie traditionelle Arten der Wasserverteilung zusammenbrechen, verschärfen sich diese Konflikte weiter.

Dieses Problem wird sich wahrscheinlich auch durch das von der Erderwärmung und der Umweltverschmutzung vor Ort ausgehende schnelle Schwinden der Gletscher im Himalaya noch weiter verschärfen. Aber, nach zwei Jahren des Experimentierens auf dem SECMOL (ein Zusammenschluss von Studenten zur Verbesserung der Bildungsbedingungen) Campus, wird in diesem Winter das Phyang Kloster bei Leh erleben, wie eine Eis-Stupa aus künstlichen Gletscherfeldern errichtet wird. Dieses Projekt wurde initiiert durch seine Heiligkeit Drikung Kyabgon Chetsang und in Zusammenarbeit mit SECMOL durchgeführt.
Künstlicher Gletscher in Form einer Eis-Stupa:

Die Idee hinter künstlichen Gletschern ist, Wasser, das ansonsten den ganzen Winter über einfach ungenutzt in die Flüsse abfließen würde, einzufrieren, um es später zur Verfügung zu haben. Dieses Eis schmilzt dann im Frühling, rechtzeitig wenn die Felder bewässert werden müssen. Das Konzept künstlicher Gletscher ist in Ladakh nicht neu. Frühere Generationen hatten ein Verfahren, wie sie auf sehr hoch liegenden Berganhöhen „Samen“ für die Bildung von Gletschern legten. In neuerer Zeit hat einer der betagteren Mitbürger, Herr Norphel, an so etwas gearbeitet. Da es dabei jedoch um horizontale Eisformationen geht, müssen sie in sehr großer Höhe angesiedelt sein (über 4.000 m), brauchen ständige Pflege und ein Tal, das nach Norden geht, um das Eis vor der Frühlingssonne zu schützen. Angesichts dieser Probleme begann man auf Herrn Norphel’s Wunsch an einem neuen Ansatz zu arbeiten, bei dem die Gletscher frei von Sachzwängen, was Lokalisierung, ständige Pflege und Schattenerfordernisse etc. angeht, angelegt werden können.

Ice Stupa HHIn dem neuen Modell wird dies erreicht, indem das Flusswasser direkt vertikal in Form riesiger Eistürme oder Zapfen von 30 – 100 m eingefroren wird, die den lokalen heiligen Lehmstrukturen, die Stupa oder Chorten genannt werden, sehr ähnlich sehen. Diese Eisberge können direkt neben dem Dorf selbst aufgebaut werden, wo das Wasser ja auch gebraucht wird. Das Ganze bräuchte sehr wenig Aufwand oder Investition – nur ein einziges Mal müsste eine Untergrundleitung von einem höhergelegenen Punkt des Flusses bis zum Dorfanfang gelegt werden. Normalerweise beträgt der Höhenunterschied über eine Entfernung von etwa einem bis drei Kilometern leicht 100 m.

Wie funktioniert es?

Wir wissen alle, dass Wasser seinen Spiegel beibehält. Deshalb würde Wasser, das von 100 m oberhalb des Dorfes durch die Leitung geführt wird, bei Erreichen des Dorfes sehr leicht bis fast 100 m ab Boden aufsteigen. Um das mal einfach zu verdeutlichen, kann man sich vorstellen, dass die Leitung auf einem Handysendemast dieser Höhe angebracht ist und dann in kalten Ladakh Winternächten, bei Außentemperaturen zwischen -30 und -50° C (mit Windkühlefaktor) von dieser Höhe herunterfallen gelassen wird. Das Wasser würde gefroren sein, bis es den Boden erreicht, und sich langsam zu einem riesigen Zapfen oder einer riesigen Eis-Stupa von ungefähr 100 m Höhe auftürmen. In Wirklichkeit bräuchten wir nicht einmal einen solchen Mast, denn wir können das Wasser in der Leitung erst auf Bodenhöhe gefrieren lassen und dann, in dem Maße, wie das Eis dicker wird, Meter um Meter ansteigen lassen, bis es schließlich eine Höhe erreicht, die fast die Höhe der Quelle ist.

Die Idee ist dann weiter, diesen Eisturm so lange wie möglich in den Sommer hinüberzuretten, so dass er beim Schmelzen die Felder bewässert, bis dann im Juni die Schmelzwasser der richtigen Gletscher zu fließen beginnen. Da diese Eiszapfen vertikal nach oben in Richtung Sonne ragen, wird es im Verhältnis des eingelagerten Wasser nur eine minimale Angriffsfläche für Sonnenstrahlen geben, was das Schmelzen verglichen mit einem horizontal auf flacher Oberfläche angebrachten künstlichen Gletscher mit derselben Menge an Wasser deutlich verzögern wird.

Der Prototyp

Ice Stupa RestUm diese Ideen zu testen, wurde im letzten Winter (2013 – 2014) am SECMOL Alternative Institute ein Prototyp gebaut. Es wurde eine Stelle ausgewählt, die dem Sonnenlicht voll ausgesetzt und an niedrigst möglicher (also wärmster) Stelle des ganzen Leh Tales gelegen war, d.h. am Ufer des Indus, auf dem Campus, in der Nähe des Dorfes Phey. Das wurde gemacht, um zu beweisen, dass es, wenn es unter diesen Bedingungen funktioniert, überall in Ladakh funktionieren kann. Mit der Wasserzuleitung des Campus, die ihr Kopfleitwerk ungefähr 15 m über der Stelle hat, hat man über einen Zeitraum von einem Monat hinweg ein Eis-Stupa von ungefähr 7 m Höhe angelegt. Das Zieldatum, um festzustellen, ob das Experiment erfolgreich sein würde, war der 1. Mai. Zu dem Zeitpunkt war die Eis-Stupa aber immer noch 3 m hoch. Daher lud man Seine Heiligkeit Drikung Kyabgon Chetsang Rinpoche, das Oberhaupt der Drikung Kagyü Linie des Tibetischen Buddhismus, ein, das Camp zu besuchen und die Stupa zu segnen. Seine Heiligkeit ist für seine tiefe Sorge für die Umwelt und sein großes Interesse an Wüstenbegrünung bekannt.
Schließlich, am 18. Mai, schmolz dann ist die ganze Eismasse, womit bewiesen war, dass größere Massen an viel höhergelegenen Stellen gut bis zur Sommermitte halten könnten.

Version in voller Höhe

Seine Heiligkeit war sofort angetan von der Idee und wünschte, dass eine Version in voller Höhe im Dorf Pheyang errichtet werden sollte, wo sich das berühmte Gangon Kloster befindet. Das Dorf ist auch bekannt für seine weiten Wüsten, die wegen der Wasserknappheit unbewirtschaftet brach liegen. Daher wird SECMOL im Winter 2014-2015 in Zusammenarbeit mit dem Kloster Pheyang und den Dorfbewohnern von Pheyang das ehrgeizige und herausfordernde Projekt angehen, eine 3 km lange Untergrundleitung zu legen und mehrere Eis-Stupas von je ungefähr 35 m Höhe zu bauen.

Nach und nach sollte diese Infrastruktur es in den nächsten Jahren erlauben, alles Wasser, das im Pheyang Fluss fließt, in Form eines künstlichen Gletscherfeldes einzufrieren, das dann aus Hunderten solcher Türme oberhalb der Pheyang Wüste bestehen würde. Die Schätzungen, die auf den winterlichen Wasserflussraten des Pheyang Flusses basieren, legen nah, dass ungefähr 3 Milliarden Liter Wasser auf diese Art eingelagert werden können, also ausreichend, um die gesamte Wüste von Pheyang, die sich über ungefähr 500 Hektar erstreckt, zu begrünen.

Kosten und demokratische Beschaffung von Mitteln/Fundraising

Da das Projekt das erste seiner Art ist, wird es sehr viele Materialtests und Methodenprüfungen geben müssen, bei denen viele Menschen und Maschinen beteiligt sein werden – deshalb wird es ungefähr US$ 100.000 kosten. Danach wird es wahrscheinlich nur ein Drittel dieses Betrages brauchen, es in anderen Dörfern nachzubauen.

Diesen Betrag hofft man, über Crowdfunding Plattform Kickstarter zusammenzubringen, als Projekt, an dem sich Menschen aus aller Welt beteiligen können, um eine innovative Lösung für ein großes globales Problem zu unterstützen. Wenn es Erfolg hat, wird die Methode möglicherweise nicht nur in allen Teilen von Ladakh Anwendung finden, sondern auch im gesamten Hindukusch – Himalya von Afghanistan und Nordpakistan bis nach Tibet und Bhutan. Und vielleicht in vielen anderen Gebirgsregionen der Welt.

Kontakt:

Carolina v. Gravenreuth
Milarepa Retreat Zentrum
Projektleitung/ Project Management
Reimerdinger Str. 18
D-29640 Schneverdingen

Tel +49-5193-97432-000
Fax +49-5193-97432-099
carolina.gravenreuth@milareparetreat.de
milareparetreat.de