S.H. mit S.E. Nyidzong Trichen Rinpoche und Drubpön Kunzang

Belehrungen zu Hevajra Dagmema durch Seine Heiligkeit in München

Am 7. Januar 2009 traf Seine Heiligkeit Drikung Kyabgön Chetsang Rinpoche in München ein, um die Hevajra Dagmema Ermächtigung zu übertragen. Er wurde von Khenpo Tamphel und drei Mönchen vom Kloster Jangchubling begleitet.

S.H. mit S.E. Nyidzong Trichen Rinpoche und Drubpön KunzangMit dieser Ermächtigung beginnt Seine Heiligkeit eine alte Kagyü-Tradition der Übung des Hevajra Tantra wiederzubeleben, die durch die Übersetzung von Drogmi Lotsawa (993–1050) in der Sakya-Linie und durch Marpa (1012–1097) in der Kagyü-Linie weitergegeben wurde. Das Hevajra Tantra, erklärte Kyabgön Rinpoche, sei die Hauptpraxis von Marpa gewesen. Er übertrug sie als Teil einer Reihe von Tantras, die als die Sieben Mandalas von Ngok bekannt wurden, auf einen seiner vier Hauptschüler, Ngok Chöku Dorje (1036–1106). In früheren Zeiten wurde diese Tradition hauptsächlich durch die Drikung Kagyü Linie gehalten, ging aber im Laufe der Zeit beinahe verloren.

Mandala-Opferung der deutschen Drikung-ZentrenSeine Heiligkeit möchte diese Tradition in allen Drikung Kagyü Klöstern und Zentren wiederherstellen. Da die Übung des Hevajra Tantra umfangreich und zeitaufwendig ist, entschied er sich, den Schülern in der westlichen Welt die Ermächtigung und Übertragung des Mandalas von Dagmema (Skrt. Nairatmya), der Gefährtin von Hevajra, zu übermitteln. Seine Heiligkeit zog das Wurzel-Tantra und einen Kommentar zum Hevajra Tantra mit dem Titel ‚Der Lebensbaum des Vajrapanjara (gur gyi sog shing) heran, die beide von Marpa während seines Aufenthaltes an der Universität von Vikramshila niedergeschrieben wurden. Beide Texte wurden für sehr lange Zeit geheim gehalten. Jetzt sind sie zum Wohle aller fühlenden Wesen enthüllt worden. In Übereinstimmung mit dem Vajrapanjara stellt Marpa fest, die Unterweisungen der Linien-Gurus würden bestätigen, dass das Sadhana von Nairatmya den Siddhis ungemein nahe ist. Daher stellte Seine Heiligkeit die Erzeugungsstufe gemäß des Nairatmya Sadhana im vierten Kapitel des Vajrapanjara zusammen. Er bezog sich außerdem auf die Ngok-Tradition und die ergänzenden Ritualabschnitte vom Kagyü Ngag Dzö (bka‘ brgyud sngags mdzod) ‚Die Kagyü Schatzkammer der mündlichen Unter-weisungen‘, die von Jamgön Kongtrul Lodrö Thaye (1813-1899) zusammengestellt wurden.

Zahlreiche Ordinierte und Laienanhänger kamen aus weit entfernten Ländern, um an diesem kostbaren und seltenen Ereignis teilzunehmen. Viele residierende Lamas sowie Nonnen aus den europäischen Drikung Kagyü Zentren und Khenmo Drolma vom Vajradakini Nonnenkloster aus den Vereinigten Staaten nahmen teil. Dieweil mehr als zwanzig ordinierte Sangha-Mitglieder anwesend waren, kamen nahezu zweihundert Menschen, um an der Ermächtigung teilzunehmen und den Belehrungen zu lauschen. Da der Tempel im Garchen Dharma Institut zu klein für die Zuhörerschaft war, fand das Ereignis in den schönen Räumen der Schweisfurth-Stiftung statt, die durch zahllose helfende Hände geschwind für kurze Zeit in einen eindrucksvollen Tempel verwandelt wurden.

Vom 7. bis zum 9. Januar erstellten die Mönche und Nonnen das Sand-Mandala von Nairatmya. Die Ermächtigung wurde am 10. und 11. Januar übertragen, wobei Kunsang Korpon, der residierende Lama von Drikung Kagyu Dorje Ling, als Dorje Lopön fungierte. Vom 12. bis 14. Januar gab Seine Heiligkeit ausführliche Belehrungen zum Nairatmya Sadhana. Darauf folgte vom 15. bis zum 17. Januar ein Praxis-Retreat im Tempel des Garchen Dharma Instituts. Während der Belehrungen brachten viele Repräsentanten der Drikung Kagyü Zentren und Einzelpersonen Mandala-Opferungen sowie symbolische Opferungen von Körper, Sprache und Geist des Buddha dar.

Das Programm endete mit einer inspirierenden Feuer-Puja im Garten des Garchen Dharma Instituts. Die Tage der Ermächtigung, der Belehrungen, der intensiven Praxis und des Miteinander hinterließen einen tiefen und bewegenden Eindruck auf alle Teilnehmer und vermittelten das Gefühl, an einer außergewöhnlichen Erfahrung Teil gehabt zu haben.

Seine Heiligkeit verbrachte anlässlich einiger Begegnungen und Verbindlichkeiten zwei weitere Tage in München. Unter anderem besuchte er die Bayerische Staatsbibliothek, um einige alte Handschriften über die Himalaya-Region und die tibetische Geschichte im Besitz der Bibliothek in Augenschein zu nehmen. 

Bericht von Dr. Elmar R. Gruber (engl.) auf den Internet-Seiten http://drikung-kagyu.org

Deutsche Übersetzung: Heinz-Werner Goertz, Aachen

Aus Rundbrief 2/2009