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Endspurt und Einweihung des Drikung-Klosters in der Mongolei

Ein neues Kloster an einem heiligen Ort

Wir haben in den vergangenen Monaten immer wieder über die Entstehung des ersten Drikung-Klosters in der Mongolei berichtet. Wir freuen uns sehr, mit den nachfolgenden drei Berichten das Bild etwas weiter vervollständigen zu können. Michael Werth-Hauck, einer der ehrenamtlichen Helfer aus Deutschland, berichtet von den Besonderheiten des Ortes, an dem das Kloster entstanden ist, und von Erfahrungen während ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit vor Ort. Zum Abschluss lassen uns einige Zeilen und Bilder an der Einweihung des Klosters durch S.H. Drikung Kyabgön Chetsang im September 2016 teilhaben.

Am 11. Februar 2017 um 19 Uhr wird Michael Werth-Hauck zu Gast in Drikung Sherab Migched Ling, dem Zentrum für tibetischen Buddhismus e.V. in Aachen, sein und uns mit weiteren Bildern und Geschichten in die Mongolei entführen. Alle sind dazu herzlich willkommen.

Khamariin Hiid – ein Ort von Magie und Tradition in der Wüste Gobi

Im Alter von neunzehn Jahren fragte Danzanravjaa seinen Lehrer, ob er einen Tempel bauen darf. Dieser fragte zurück, wo der Tempel denn entstehen solle. Der Ort heiße Khammr, dort gibt es 108 Höhlen, 108 Bäume und die Erde ist rot. So wurde die Örtlichkeit für gut befunden.

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Das Drikung Kloster und die nahe Stupa in Khamariin Hiid (Foto aus 2015)

Im Jahre 1821 wurde dann das erste Kloster gebaut, das im Laufe der Zeit von bis zu 500 Mönchen bewohnt wurde. 1832 wurde ein Theater errichtet – dies war eine sehr gute Möglichkeit, um die Bevölkerung zu erreichen. An diesem Ort wurde dann das berühmte Theaterstück von Danzanravjaa „Saran Khökhöö“ – „Mondkuckuck“– uraufgeführt. Dies ist eine Geschichte von Liebe, Verrat, Zauberkünsten und buddhistischen Belehrungen.

Danzanravjaa starb mit 54 Jahren, nachdem er vergiftet worden war. Mit der Machtübernahme der Kommunisten im Jahre 1924 begann die Bekämpfung des Buddhismus. Anfangs noch geduldet, wurde im Jahre 1937 auch Khamariin Hiid zerstört. Die Mönche verließen das Kloster oder wurden umgebracht. Ebenso wie in der gesamten Mongolei wurden auch hier viele Bücher und Kultgegenstände zerstört. Während der nachfolgenden Jahre gab es keinerlei religiöse Aktivitäten mehr, da sich in der Nähe ein Armeestützpunkt befand und alles überwacht wurde. Es gingen allerdings nicht alle Schätze verloren, 64 (von 1500) Körben mit Büchern und Statuen wurden von einem Mönch nachts weggebracht und vergraben. 1992 wurden diese Körbe vom Enkel dieses Mönches wieder ausgegraben und in ein Museum gebracht.

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Zu Besuch bei Dosh Lama, Abt des benachbarten Klosters

1990 kam das religiöse Leben an diesen heiligen Ort in Person von Dosh Lama zurück. Er hat zwei Jurten aufgebaut, in einer gelebt und in der anderen buddhistische Bücher gelesen (d.h. buddhistische Rituale durchgeführt und Menschen aus der Gegend empfangen). Dosh Lama hatte zwei Lehrer, von denen er buddhistische Unterweisungen erhalten hatte: der eine starb im Gefängnis und der andere, der auch zehn Jahre im Gefängnis war, konnte später aber als Viehzüchter arbeiten. Da Dosh Lama ebenso Viehzüchter war, konnte er neben seiner Arbeit auch buddhistische Belehrungen erhalten.

1999 wurde der erste feste Tempel in Handarbeit aus Holz gebaut. Er besteht bis heute, ist jedoch für die Öffentlichkeit geschlossen, da er sehr renovierungsbedürftig ist. Das Wüstenklima mit seinen großen Temperaturunterschieden und auch so mancher Sandsturm der Gobi demonstrieren ganz augenscheinlich, dass auch die Vergänglichkeit an einem buddhistischen Tempel nicht Halt macht. Aber um eben diese Vergänglichkeit etwas zu mildern, werden jetzt Spenden gesammelt, um mit der Renovierung in der nahen Zukunft zu beginnen.

Im Jahr 2006 wurde in der Nähe der Shambhala-Komplex eröffnet, was dazu führte, dass noch mehr Besucher an diesen Ort kamen. Zu diesen Bauten haben viele Menschen mit ihren Spenden beigetragen.

Dosh Lama ist heute fast 70 Jahre alt und noch jeden Tag mit viel Energie dabei, Pujas im Tempel durchzuführen und für jeden, der seinen Rat benötigt, da zu sein. Er ist ein Freund geworden, auch für uns im fernen Deutschland.

von Michael Werth-Hauck nach einer Erzählung von Dosh Lama

Ehrenamtliches Engagement für ein neues Kloster in Khamariin Hiid

Nach altem Brauch erscheint der „alte weise Mann“ im Maskentanz

Nach altem Brauch erscheint der „alte weise Mann“ im Maskentanz.

Der Ort liegt 45 km entfernt von der Stadt Sainshand in der Ost Gobi, Provinz Dorno-Gobi, Mongolei. Vereinzelt verirren sich ein paar westliche Touristen an diesen Ort, auch sind gelegentlich asiatische Buddhisten dort zu sehen. Was verschlägt nun vier Deutsche an diesen Platz, mitten in der Wüste? Vor mehr als zwei Jahren wurde auf der Internetseite der tibetischen Drikung Kagyü Tradition in Deutschland (www.drikung.de) ein Artikel veröffentlicht, über den ehrenamtliche Handwerkskräfte für ein neues Kloster gesucht wurden. Nach kurzer Diskussion haben wir uns dann entschlossen, tatkräftig dabei mitzuwirken.

Die Hauptbauten waren im Jahr 2015 fertiggestellt und dann begann unsere Geschichte. Uns heißt: Thomas, Arzt und begeisterter Handwerker für alles, was in und um das Haus repariert werden muss, sein Sohn Jonathan, Marketingexperte und Maler, mein Sohn Julius, Student der Psychologie sowie Motivator und Entdecker unbekannter Talente und ich Michael, Elektromaschinenbauer, Weltreisender und immer für eine gute Idee zu haben.

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Unsere Unterkunft

Durch die enge Kommunikation mit Jan Felgentreu haben wir dann unsere Koffer mit allerlei Gerätschaften und Materialien gepackt und uns mit viel Enthusiasmus auf die große Reise begeben. Nach vierzehn Stunden Flug und acht Stunden Autofahrt sind wir im Sommer letzten Jahres schließlich in „unserem“ Kloster angekommen. Es war überwältigend, diesen Ort in der Wüste Gobi zu sehen und zu erleben.

Als erstes mussten unsere Unterkünfte hergerichtet werden, um uns für die kommenden Wochen einzurichten. Besonders zu erwähnen waren die Betten für die Mönche. Die Nächte (die Betten) waren wirklich sehr hart, aber auch sehr ruhig, nicht zu vergleichen mit unserem Stadtleben in Deutschland. (Nach etwa einer Woche ließen die Schmerzen langsam nach).

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Jonathan und unsere mongolische Köchin

Bevor mit den Arbeiten begonnen werden konnte, musste der Alltag organisiert werden: Essen kaufen in der nahen Stadt, Wasser besorgen etc. Das Mittag- und Abendessen wurde von einer Nomadenfamilie im nahen Camp für uns zubereitet. Nicht nur für uns eine Herausforderung, sondern auch für unsere Köchinnen – wir hatten vegetarisches Essen gewünscht und das in einem Land, in dem sich die Menschen oft mit Fleisch sättigen. Aber alles war sehr lecker und funktionierte gut.

Aber wir waren ja eigentlich zum Arbeiten gekommen – jeder nach seinen Fähigkeiten, jeder nach seinem Talent. Talent war meistens gefragt, waren wir doch keine Maurer oder Maler. Aber die Motivation, etwas Hervorragendes zu tun, förderte so manche unbekannte Fähigkeit hervor. Zitat von Julius: „Ich weiß nicht, wie man so viel arbeiten kann, wenn man keinen Druck hat?“ Wir waren Maurer und Maler, Elektriker und Installateure. Zuerst mussten die nicht fertigen Maurerarbeiten beendet werden, d.h. der Sockel des Tempels musste ergänzt und anschließend verputzt und gestrichen werden.

Der Naga Besuch – Schlangen sind ein Symbol der Weisheit

Der Naga-Besuch – Schlangen sind ein Symbol der Weisheit.

An einem der ersten kühlen Morgen hatten wir dann auch unseren ersten Besuch im Kloster. Ein Naga hatte es sich des nachts unter einer Verschalung bequem gemacht und die Wärme der Tempelmauer genossen. Wir waren recht erschrocken, hatten wir doch nicht mit dem Auftauchen von Schlangen gerechnet. Später sollten noch weitere kommen und unsere Arbeiten „bestaunen“. Dosh Lama vom nahen Gelug-Kloster sah in dem Erscheinen der Schlangen ein gutes Zeichen dafür, dass der Ort mit großer Energie geladen ist. Auch gelten die Nagas als Glücksbringer. So haben wir etwas dazugelernt: Hier Angst, dort Freude.

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Wir haben uns einen Tee und Kaffee am Nachmittag verdient. Links unser mongolischer Freund Holgar – er war Bodygard des Dalai Lama, als dieser in der Mongolei war, rechts davon Badmaa, die gute Seele und Übersetzerin, rechs von ihr eine Freundin und Helferin, daneben Michael und Julius

Die ruhigen Abende waren für uns ein besonderes Glücksgefühl. Bei wolkenlosem Himmel konnten wir die funkelnden Sterne beobachten – ich glaube, so viele hatte ich mein ganzes Leben noch nie gesehen. Nach getaner Arbeit war der abendliche Spaziergang Entspannung und Meditation zugleich. Entspannung bei dem Fotografieren der Landschaft und der Tiere, die sich nun in der kühleren Tageszeit zeigten. Es war jedes Mal spannend zu verfolgen, wie ein Käfer sich eine Höhle grub oder eine Eidechse auf Jagd ging. Meditation über die Dinge, die man im Leben nicht braucht und über das Leben an sich, dass wir all dies erleben durften – ohne den Buddha kein Kloster, ohne das Kloster kein Besuch und ohne den Besuch ein ärmeres Leben. Es gab uns oft das Gefühl von großer Dankbarkeit.

Auf ein Neues

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Das Kloster ist mit tibetischen Gebetsfahnen geschmückt.

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Das zweite Jahr war ursprünglich nicht eingeplant, aber nach kurzer Überlegung (und Jans Nachrichten) haben wir uns schnell zu einem zweiten Einsatz entschlossen. Mittlerweile hatte sich schon viel getan, der Tempel hatte seine Statuen bekommen, die Tore waren eingebaut und auch die restlichen Maurerarbeiten waren schon weit fortgeschritten.

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Der Nachwuchs hilft beim Vorbereiten der tibetischen Gebetsfahnen.

Aber was noch fehlte, waren die tibetischen Gebetsfahnen, deren Anbringen für uns die erste Arbeit war. Wir hatten 60m Gebetsfahnen und Fallschirmschnur mitgebracht, um auch von außen zu signalisieren, dass es Leben im Kloster gibt. Es war wunderbar zu sehen, wie die bunten Gebetsfahnen im stürmischen Wüstenwind hin und her geweht wurden.

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Das Plakat, das auf die Einweihung des Klosters hinweist ist sturmsicher angebracht.

Vor der offiziellen Einweihung mussten noch die Räume für Rinpoche fertiggestellt werden, d.h. die Arbeiten im Bad beenden und die Wasserversorgung garantieren. Wir hatten eine komplette Hauswasserpumpe in unserem Gepäck mitgebracht und diese an das vorhandene Wassersystem angeschlossen. Es war für uns eine Freude, mit warmem Wasser zu duschen. Mit der Gewissheit, dass nun alles für die große Einweihung bereit war, sind wir dann nach zwei Wochen abgereist.

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Hoher Besuch aus den Nachbarklöstern, im Hintergrund in blau ist Thomas zu sehen

Zum Schluss möchte ich noch erwähnen, dass wir alle unendlich glücklich sind, hier mitgeholfen zu haben und ein Teil der Geschichte (wenn auch nur ein sehr sehr kleiner Teil) des Klosters zu sein. Mögen alle gesegnet sein, die auch nur einen positiven Gedanken an die Entwicklung des Dharma haben.

Michael Werth-Hauck

 

Die Einweihung des ersten Drikung-Klosters in der Mongolei

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Offizielle Eröffnung durch Seine Heiligkeit

Es hat einige Zeit, große Anstregungen, die Überwindung von Hindernissen und Durchhaltevermögen gebraucht, bis es dazu kommen konnte, das neue Kloster in der Gobi einzuweihen. Nachfolgend ist eine Email abgedruckt, die uns nach der offiziellen Einweihung durch S.H. Drikung Kyabgön Chetsang aus der Mongolei erreichte.

Liebe Freunde, Unterstützer und Drikungpas,

ich möchte mich ganz herzlich bei Euch im Namen des Tilopa Centers, der mongolischen Dharma-Freunde und auch natürlich im Namen Seiner Heiligkeit für die großartige Hilfe und Unterstützung bedanken!

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Die Teilnehmer erhalten einen Segen.

Der Besuch von S.H. vom
5. bis 15.September in der Mongolei und die Eröffnung des ersten mongolischen Drikung-Klosters am 9. September war ein voller Erfolg und verlief trotz einiger kurzfristiger Programm­änderungen zur Zufriedenheit aller Beteiligten. Eure Unterstützung hat daran einen großen Anteil!

Vielen Dank und alles Gute!
       Badmaa & Jan vom Tilopa Center