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Einweihung des grossen Bodhi Stupa

Kloster Tserkarmo, Tingmosgang, Ladakh

Vom 1. bis 7. August versammelten sich Schüler der Drikung Kagyü Linie im Kloster Tserkarmo in Tingmosgang, Ladakh, um unter der Leitung von Seiner Heiligkeit, dem Drikung Kyabgön Chetsang, an den Einweihungsfeierlichkeiten des Großen Bodhi Stupa teilzunehmen.

Mögen durch dieses Ereignis alle fühlenden Wesen von Leiden frei sein und die erleuchtete Geisteshaltung, Bodhicitta, hervorbringen.

Am 25. Juli 2011 trafen hunderte von Mönchen und Nonnen aus verschiedenen buddhistischen Klöstern im Kloster Tserkarmo ein. Während einige der älteren Mönche der Drikung Kagyü Linie im neuen Tempel ein Sand-Mandala von Chakrasamvara (tib. Khorlo Demchog) entstehen ließen, begannen andere erfahrene Mönche bereits mit der Chakrasamvara Puja. Zur gleichen Zeit wurde im alten Tempel die Achi Chökyi Drölma Puja durchgeführt und vBeitragsbild festlegeniele weitere Mönche und Nonnen lasen den vollständigen, aus 108 Bänden bestehenden buddhistischen Kanon oder führten verschiedene andere, von Schülern erbetene Pujas durch.

Am 1. August wurde Seine Heiligkeit Drikung Kyabgön Chetsang von tausenden Schülern im Kloster Tserkarmo empfangen. Menschen aus verschiedenen Teilen der Welt säumten die Straßen des Himalaya-Dorfes Ting­mosgang und brachten dem 37. Thronhalter der Drikung Kagyü Tradition bei dessen Ankunft in der neuen Klosteranlage Blumen und Räucherwerk dar. Während sein Fahrzeug sich über die Straße zum Ende des Tales nach oben bewegte, verneigten sich Menschen jeden Alters und kulturellen Hintergrundes respektvoll vor Seiner Heiligkeit, einer Manifestation der mitfühlenden Aktivität. Ohne auch nur einen Moment zu ruhen, begann Seine Heiligkeit mit den erforderlichen Gebeten und Ritualen im neuen Tempel des Stupas, während hunderte von Mönchen, Nonnen und Laien kamen, um ihre Ehre zu erweisen. Dies war der Beginn einer einwöchigen Reihe von Veranstaltungen unter der Leitung von S.H. Drikung Kyabgön Chetsang zur Einweihung des neuen Bodhi Stupa, der einer der größten in Ladakh ist und der den erleuchteten Buddha-Geistes repräsentiert.

Nach acht Jahren der Vorbereitung und Bautätigkeit durch das Komitee des Tserkarmo Bodhi-Stupa Projektes, unter der Leitung von vier älteren Mönchen des Klosters – Lama Samten, Khenpo Rangdol, Khenpo Tamphel und Drubpon Sangyas– konnte deren Vision, einen Stupa zum Wohl aller Wesen zu errichten, verwirklicht werden. So manifestieren sich die Lehren Buddhas durch die erleuchtende Anwesenheit Seiner Heiligkeit Drikung Kyabgon Chetsang und die Bemühungen aller Beteiligten in Tserkarmo und tragen damit zu Frieden, Harmonie und der Entwicklung von Weisheit und Mitgefühl bei. Dies wurde durch Glück verheißende Zeichen, wie während der Feierlichkeiten täglich sichtbare außergewöhnliche Regenbögen am klaren Himmel, besonders deutlich.

Die Zusammenarbeit der Bevölkerung von Tingmosgang und der umliegenden Dörfer mit Arbeitern aus Indien, Bhutan und Nepal, sowie die finanzielle Unterstützung von Schülern aus der ganzen Welt ermöglichten den Bau der neuen Klostergebäude und die anschließenden Einweihungszeremonien. So befanden sich unter den Teilnehmern auch viele Gäste aus anderen Ländern wie Deutschland, Estland, England, den USA, Schweden, Russland und Singapur. Zusammen mit der lokalen Bevölkerung von Ladakhis und Tibetern nahmen etwa 15.000 Menschen an den Unterweisungen und Feierlichkeiten teil. Das Kloster stellte während der gesamten Woche allen teilnehmenden Schülern Mahlzeiten frei zur Verfügung.

Der neue Klosterkomplex mit dem Stupa grenzt an den alten Tempel, der vor über 300 Jahren errichtet wurde und sich direkt unterhalb einer bedeutenden Retreat-Höhle befindet. Diese ist eine von 2.525 von Kyobpa Jigten Sumgön, dem zweiten Nagarjuna und Gründer der Drikung Kagyü Linie, vorhergesagten Einsiedeleien. Eingebettet zwischen den hohen Bergen Ladakhs, unter einem tiefblauen Himmel, ist dieser Ort mit seiner langen Tradition, der friedliebenden Kultur und atemberaubenden Umgebung ganz besonders für die Praxis von Buddhas Lehren geeignet. Dieses kostbare Potenzial erkennend und um eine solide Basis für zukünftige Aktivitäten, wie einen Ort für intensive Meditationsklausuren sowie für Studium und Kontemplation, für Übersetzungsprojekte oder eine Schule usw. zu schaffen, entschlossen sich die Mönche zum Bau des neuen Tempels und des Stupas. Der Stupa soll aber auch diejenigen, die diesen Ort besuchen, an ihr eigenes, ihnen innewohnendes Potential zu erwachen erinnern. So wurden mit der Fertigstellung die Wünsche der Mönche nahezu augenblicklich durch die Anwesenheit und Unterweisungen von zwei großen buddhistischen Meistern – Seiner Heiligkeit Drikung Kyabgön Chetsang und Seiner Eminenz Choje Togden Rinpoche – erfüllt.

Am zweiten Tag der Feierlichkeiten führten Seine Heiligkeit und S.E. Togden Rinpoche gemeinsam die rituelle Segnung des neuen Stupa und der gesamten Klosteranlage durch. Am nächsten Tag, dem 3. August trafen drei Glück verheißende Ereignisse zusammen. Bereits in den frühen Morgenstunden versammelten sich Tausende, um nicht nur die offizielle Einweihung des Stupa, sondern auch den 66. Geburtstag Seiner Heiligkeit und den Jahrestag des Ersten Drehens des Rades der Lehre (Chökhor Düchen) gemeinsam zu feiern. Als besonders Glück verheißendes Zeichen erschien direkt über dem Symbol der Drikung Linie, das am gegenüberliegenden Berghang abgebildet ist, ein Regenbogen am klaren Himmel. Verschiedene Mitglieder des Sangha, wie auch offizielle Vertreter der ladakhischen Regierung trugen mit Reden, guten Wünschen und Gebeten zu Ehren Seiner Heiligkeit und des Großen Bodhi-Stupa zu diesem Anlass bei. Später sangen die Schüler, die aus verschiedenen Ländern angereist waren, Geburtstagslieder für S.H. Kyabgön Chetsang in Englisch, Vietnamesisch und Deutsch, woraufhin Seine Heiligkeit den Geburtstagskuchen anschnitt und unter allen Anwesenden verteilen ließ. Den Abschluss dieses wunderbaren Tages bildete die Darbietung verschiedener traditioneller Tänze und Gesänge der Region.

Während Seine Heiligkeit am 4. August Unterweisungen zu den Vier Dharmas von Gampopa erteilte, erschien ein vollkommen kreisrunder Regenbogen um die Sonne, der die Schüler inspirierte, seinen Ausführungen mit vollkommener Aufmerksamkeit und Hingabe zu folgen. Am 5. August gewährte Seine Heiligkeit Kyabgön Chetsang die Ermächtigung zum Fünffachen Pfad von Mahamudra, Lehren, deren Bedeutung in der Drikung Kagyü Linie besonders betont werden. Nach­mittags erteilte S.E. Togden Rinpoche Erklärungen zur in der Drikung Tradition ebenfalls speziellen Praxis der Bewusstseinsübertragung (Drikung Phowa Jagtsugma), während Seine Heiligkeit am darauf folgenden Tag die Übertragung zu dieser tantrischen Praxis gewährte, gefolgt von der Langlebens-Ermächtigung.  An diesem Abend versammelten sich tausende Schüler am nahegelegenen Kloster in Tingmosgang und begaben sich mit Kerzen in der Hand auf einen Gedenkmarsch zurück zum Kloster Tserkarmo, Gebete für die Opfer der Flutkatastrophe rezitierend, bei der ein Jahr zuvor in Ladakh viele Menschen ihr Leben verloren hatten.

Am letzten Tag der Feierlichkeiten hatten alle ausländischen Schüler die Gelegenheit, an der von Seiner Heiligkeit angeleiteten Guru Yoga Ganapuja teilzunehmen und den Ausführungen Seiner Heiligkeit darüber, was unser Leben bedeutungsvoll macht, zu lauschen. Zum Abschluss genossen alle Sangha-Mitglieder bei einem Picknick im idyllischen Garten des Klosters das gemeinsame Mahl mit S.H. Kyabgön Chetsang. An diesem letzten Tag der Einweihungsfeierlichkeiten begann es schließlich auch zu regnen, was wiederum als besonders Glück verheißendes Zeichen freudig begrüßt wurde.

Im Verlauf dieser Einweihungswoche in Tserkarmo kamen Schüler aus vielen Teilen unserer Welt zusammen, um durch ein harmonisches Zusammenspiel und die alle verbindende Verehrung diese Veranstaltung zu einem großen Erfolg zu führen. Mönche und Nonnen, Männer, Frauen und Kinder umrundeten den Stupa, brachten Gebete und gute Wünsche dar und fühlten sich durch die Anwesenheit von großen Meistern der Tradition gesegnet. Diese Erfahrungen machte den Anwesenden die Kraft des Buddha, seiner Lehre und der religiösen Gemeinschaft deutlich.

Für das Kloster Tserkarmo war diese Woche jedoch erst der Beginn. Der Bau des Klosters und des Erleuchtungs-Stupa, bei dem so viele Menschen ihr Kunsthandwerk und ihr Wissen eingebracht haben, ist und war von Beginn an fest mit einer Vision verankert.

Tserkarmo soll den Menschen ein Platz der Freude und Begegnung, der Meditation und des Kontaktes mit dem Dharma sein. Hier bekommt jeder Besucher wunderbare Einblicke in die einzigartige und noch sehr ursprüngliche Kultur und Lebensweise der freundlichen, offenen Ladakhis.

Wer einfach Entspannung sucht, kann sich von dem atemberaubenden Anblick der Berge forttragen lassen und der Seele frische Luft und neuen Raum verschaffen. Für das leibliche Wohl finden sich schöne neu erbaute Gästezimmer, in denen es sich, eingehüllt in die mächtigen Berge, wunderbar abschalten und schlafen lässt. Die sanitären Anlagen in Tserkarmo sind ganz auf das Wohlergehen seiner Besucher aus aller Welt ausgerichtet. Der hungrige Magen kann wahlweise durch eigene Kochgelegenheiten beruhigt oder von traditionellen Köstlichkeiten der Klosterküche verwöhnt werden.

Durch den Besuch oder die Unterbringung im nahe gelegenen Nonnenkloster oder im Dorf Tingmosgang bekommt man weitere Möglichkeiten, die Kultur Ladakhs kennenzulernen. Hier finden sich viele Gelegenheiten am authentischen Alltag einer ladakhischen Familie teilzuhaben, sich auszutauschen oder gar eigenes Wissen weiterzugeben. Die Ladakhis sind an jedweder Kommunikation erfreut und offen für Neues. Über Interesse seitens der Besucher an ihrer Kultur, ihren Koch- und Essgewohnheiten freuen sich die Ladakhis besonders und erklären ebenso gerne freudig die Zubereitung von traditionellen Speisen und natürlich ihrem Lieblingsgetränk – dem Buttertee.

Hartgesottene können ganz tief in die ladakhische Kultur eintauchen und zum Beispiel bei der Feldarbeit zuschauen und helfen, Kühe melken oder lernen, selbst Butter zu machen. All das darf man umgeben von einer verzaubernden Natur und der außergewöhnlichen liebevollen Gesellschaft der herzlichen Ladakhis erleben.

Tserkarmo ist ein Ort, an dem Leben wieder erfahren werden kann, geborgen im Schutz der Berge und des Dharma. Möge Tserkarmo eine Lebenshilfe für seine Bewohner und Besucher sein und so zu einem Stück mehr Glück in der Welt beitragen.

Julley

Casey Kemp (1. Teil),
aus dem Englischen übersetzt von Ani Konchog Tsechö
und Kathrin Ludwig (2. Teil)

Kontakt: Lama Samten, info@treasurehimalaya.eu, Tel: 0641/9607118