Eindrücke von der Veranstaltung mit S.H. Drikung Kyabgön Chetsang im Milarepa Retreat Zentrum

MRZ Empowerment 50 Einweihungen in neun Tagen – wofür braucht man das, könnte man sich fragen. Ca. 130 TeilnehmerInnen haben im Vorfeld der Veranstaltung wohl eine Antwort darauf gefunden, die sie in die Lüneburger Heide kommen ließ. Vielleicht war es manchmal auch nur die Neugier, was es mit diesem Zyklus auf sich hat, den Drikung Dharmakirti, der 24. Linienhalter der Drikung Kagyü Überlieferung, aufgrund seiner eigenen Erfahrungen in der Praxis zusammengestellt hatte. Diese ‚Juwelenkette‘ von Einweihungen aus den neuen Tantras umfasst eine Reihe von vertrauten Buddhas, Bodhisattvas und Dharma-Schützern, die in häufig praktizierten Meditationen als Visualisierungsobjekt verwendet werden. Andere Gottheiten aus dem Zyklus sind vielen vorher noch völlig unbekannt gewesen.

Der Ablauf der Einweihung war uns nach den anfänglichen Erklärungen von Seiner Heiligkeit und einigen Durchläufen vertraut. Die Visualisierung der Gottheit, deren Einweihung man erhielt, ihre Eigenschaften und der Nutzen der Praxis sowie das Mantra änderten sich jedes Mal. Mit Hilfe eines Ringbuches, das den TeilnehmerInnen zur Verfügung stand und in dem die Namen, Abbildungen und Mantras der 50 Gottheiten enthalten waren, konnte man dem Geschehen gut folgen und so den eigenen Anteil zum Erhalten der Übertragungen einbringen. Es entstand eine innere Verbindung zu den Buddhas, Bodhisattvas und Dharma-Schützern des Zyklus. Bei jeder Einweihung wurde ein Same im Geist gelegt, der durch die eigene Praxis der jeweiligen Gottheit keimen und sich mehr und mehr entwickeln kann, bis er schließlich Früchte in Form von Erkenntnissen oder Verwirklichungen hervorbringt.

MRZ Walking Meditation 2Es liegt also in den Händen der TeilnehmerInnen, ob diese Übertragungen ihnen und somit letztendlich vielen anderen Wesen von Nutzen sind. Das hat S.H. Drikung Kyabgön Chetsang sehr eindringlich klar gemacht. Seine Unterweisungen, die er morgens vor dem Erteilen der Einweihungen gab, zeigten den Rahmen und die Bedingungen auf, in denen diese Übertragungen und die dazugehörigen Meditationen ihre Wirkung entfalten können. Missverständnisse und falsche Vorstellungen konnten dadurch geklärt werden.

Viele TeilnehmerInnen waren nicht zum ersten Mal im Milarepa Retreat Zentrum, das bei diesem Anlass von Seiner Heiligkeit zum Hauptsitz der Drikung-Linie in Europa festgelegt wurde. Man kannte sich von den Affenjahr-Belehrungen im letzten Jahr oder anderen Veranstaltungen im MRZ oder einem anderen Drikung-Zentrum. Insbesondere für diejenigen, die schon seit vielen Jahren mit der Drikung-Linie verbunden sind, hat das Zusammenkommen auch den Charakter eines Familientreffens, bei man die Vajra-Geschwister wiedersieht und gerne Zeit miteinander verbringt. Der friedvolle Ort in der Natur, die tolle Ausstattung der restaurierten Gebäude und die gute Organisation der Veranstaltung machen es einem leicht, sich wohlzufühlen. Aber damit wir uns auch weiterentwickeln können, gibt es natürlich verschiedene Herausforderungen, angefangen beim Schnarchen der ZimmergenossInnen bis zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die schnell vom einen zum anderen überspringen können. Und so wie es in den besten Familien vorkommt, hat man mit dem einen oder der anderen noch ein ganz spezielles Karma zu bearbeiten.

Um auf die Frage vom Anfang zurückzukommen: Es gibt meiner Meinung nach zwei wesentliche Gründe, warum die Übertragung bzw. das Erhalten dieses Zyklus von 50 Einweihungen sinnvoll ist. Zum einen ist es insbesondere für Rinpoches und Lamas wichtig, die Einweihungen der immer wieder praktizierten Meditationen zu erhalten, um sie selbst weitergeben zu können, wobei die anwesenden Praktizierenden gute Eindrücke ansammeln, die für die Zukunft Ursachen für eine erneute Verbindung zu dem Zyklus legen. Zum anderen erhalten die TeilnehmerInnen die Möglichkeit, einzelne Meditationen des Zyklus‘ durchzuführen, wenn es für die eigenen Lebensumstände und die spirituelle Entwicklung von Nutzen ist.

MRZ MandalaSo gilt allen ein großer Dank, die zum Gelingen dieser außergewöhnlichen Veranstaltung beigetragen haben: zu allererst S.H. Drikung Kyabgön Chetsang, der unermüdlich für die Entwicklung der Linie und zum Wohle der Wesen arbeitet, den Rinpoches, Lamas und Ordinierten, die bei der Vorbereitung und Durchführung mitwirkten sowie den Organisatoren und HelferInnen, die mit großem Einsatz die vielen anfallenden Arbeiten erledigten. So entsteht für diese Zeit ein lebendiges Mandala, das sich am Ende fast so schnell wieder auflöst, wie ein gestreutes Mandala beim Zusammenkehren des Sandes.

Christian Licht