Ani Jangchup und Ani Yeshi

Ein Leben im Dharma für alle Wesen – das Nonnenkloster Samtenling

Einleitung

Seit der Gründung des buddhistischen Nonnenklosters Samtenling in Dehra Dun, Nordindien, hat unser Zentrum eine intensive Verbindung mit dieser einzigartigen Einrichtung der Drikung-Linie im Exil. Wir unterstützen die Entwicklung der Nonnen und des Klosters dabei so gut wir können, um langfristig für die Nonnen die gleichen Möglichkeiten der Ausbildung zu schaffen, die den Mönchen offenstehen. Dafür ist es notwendig, dass eine erste Gruppe von Nonnen das neunjährige philosophische Studium abschließt, um als Khenmos selbst die Lehren weitergeben zu können.

Darüber hinaus befinden sich eine Reihe von Nonnen in mehrjährigen Klausuren, wodurch ihre Erkenntnisse vertieft werden und einige später als Meditationslehrerinnen tätig werden können.

Um einen Eindruck vom Kloster und dem Leben der Nonnen zu erhalten hat Claude Jürgens ein Interview mit Ani Yeshi, der Direktorin, und Ani Jangchup, der Disziplinmeisterin von Samtenling, geführt.

Im Anschluss daran stellen wir sieben Nonnen kurz vor, für die man eine Patenschaft übernehmen kann.

Aktuelle Informationen aus dem Nonnenkloster sind auf der englischsprachigen Internetseite drikung.org zu finden.

Interview

Wann und aus welchem Anlass wurde das Nonnenkloster Samtenling gegründet?

Samtenling wurde 1997 gegründet. Einige Nonnen, die aus Tibet nach Indien geflüchtet waren, hatten S.H. Drikung Kyabgön Chetsang Rinpoche darum gebeten, ein Drikung-Kloster für sie im Exil zu gründen.

Wie viele Nonnen gehören zur Zeit dem Kloster an?

Momentan sind es 84 Nonnen. Einunddreißig von ihnen nehmen an allgemeinbildendem Unterricht teil, zweiunddreißig sind einem weiterführenden philosophischen Studienprogramm angeschlossen. Vierzehn Nonnen befinden sich derzeit in einer Drei-Jahres-Klausur. Bei den verbleibenden Nonnen handelt es sich um ältere oder erkrankte, die sich ebenfalls nach ihren Möglichkeiten dem Studium von Texten sowie dem Ausüben von Ritualen widmen.

Nonnen des RetreatsWie sind die Nonnen untergebracht?

Sie sind je nach Ausbildungsform auf drei Gebäudekomplexe verteilt, in denen sie sich zu zweit oder zu dritt ein Zimmer teilen. Die Nonnen im Drei-Jahres-Retreat leben in einzelnen Klausen.

Wie alt sind die Nonnen?

Die Jüngsten sind 16 Jahre alt – vorher ist der Beitritt ins Kloster nicht möglich. Die derzeit älteste Nonne ist 47 Jahre alt.

Woher stammen die Nonnen?

Sie stammen aus den nordindischen Regionen Ladakh, Kinnaur und Arunachal, aus Tibet und aus Nepal. Anfänglich waren die Nonnen mehrheitlich aus Tibet. Derzeit ist es schwieriger nach Indien zu flüchten, von daher überwiegen nun die Nonnen aus Ladakh.

Waren die Nonnen vor Eintritt ins Kloster bereits ordiniert?

Einige kommen aus anderen Klöstern und sind bereits seit längerer Zeit ordiniert, einige jedoch sind frischgebackene Nonnen.

Aus welchem Grund kommen Tibeterinnen in ein Nonnenkloster in Nordindien?

Laubfegen

In Tibet sind ihre Freiheiten eingeschränkt und es gibt dort keine Möglichkeiten zum Studium. Zudem wünschen sie sich, ihre spirituellen Lehrer im Exil, wie S.H. Dalai Lama und S.H. Chetsang Rinpoche, zu treffen.

Haben sie sich im Kloster gut eingelebt?

Ja, einzig das ungewohnte, heiße Klima hat einigen Nonnen Probleme bereitet.

Haben einige Nonnen den Wunsch, nach Tibet zurückzukehren?

Einige sind nach Tibet gereist, um dort ihre Familien zu besuchen. Nun können sie nicht wieder nach Indien zurückkommen, da sie selbst oder ihre Familien in Tibet dadurch in Schwierigkeiten geraten.

Wie gestaltet sich der Tagesablauf in Samtenling?

Der Tagesablauf der Nonnen ist in einigen Punkten davon abhängig, an welcher Art von Ausbildung sie teilnehmen. So widmen sich die Philosophiestudentinnen vermehrt dem Auswendiglernen und dem Verstehen klassischer philosophisch-buddhistischer Texte sowie der Debatte und nehmen von daher nur an besonderen Tagen an Pujas teil.

EssensausgabeGenerell lädt täglich um fünf Uhr morgens der Gong zur Guru-Yoga-Puja ein. Nach dem Frühstück um sechs findet der vormittägliche Unterricht statt. Im Anschluss an die Mittagspause beginnt um zwei Uhr erneut die Studienzeit – entweder allein oder im Klassenverband. Die Philosophiestudentinnen debattieren ab vier Uhr, die anderen Nonnen führen zu der Zeit die Dharma-Schützer-Praxis aus. Von fünf Uhr an bis zum Abendessen um sechs ist eine Pause angesetzt, in der die Nonnen das Klostergelände verlassen dürfen, um spazieren zu gehen oder kleine Besorgungen zu erledigen. Nach dem Abendessen widmen sich die Nonnen wiederum dem Eigenstudium oder der Debatte. Um halb elf schlägt der Gong zur Nachtruhe.

Welche Fächer werden unterrichtet?

DebatteDies richtet sich nach der Art der Ausbildung. Im allgemeinbildenden Unterricht werden buddhistische Philosophie, Tibetisch, Englisch, Sozial- und Naturwissenschaften unterrichtet. In den Philosophie-Klassen werden beispielsweise Gampopas „Juwelenschmuck der Befreiung“, Shantidevas „Bodhicaryavatara“, Thogmes „37 Bodhisattva-Übungen“ usw. gelesen. Das weiterführende philosophische Studienprogramm weist denselben Lehrplan auf wie das des Kagyü College, an dem die Khenpos ausbildet werden. Die Nonnen haben somit neuerdings die Möglichkeit, die neunjährige Ausbildung zur Khenmo zu durchlaufen. Die am weitesten fortgeschrittenen Studentinnen befinden sich derzeit im 4. Studienjahr.

Welche Möglichkeiten bestehen nach der Ausbildung?

Das hängt von den einzelnen Nonnen ab. Sie verbleiben im Kloster, gehen ins Retreat, übernehmen Lehrtätigkeiten oder übernehmen Aufgaben in anderen Klöstern und Institutionen.

Wie organisiert sich das Kloster?

Herstellung von Tormas

Das Nonnenkloster verwaltet sich weitgehend selbst. Übergreifende Belange werden mit den anderen Drikung-Institutionen vor Ort, d.h. dem Mönchskloster Jangchubling, dem Kagyü College und der Bibliothek („Songtsen Library“) abgestimmt. Die Aufgabenträger in Samtenling werden jeweils für ein Jahr aus den eigenen Reihen gewählt. Die oberste Leitung hat die Direktorin. Daneben gibt es eine Disziplinmeisterin, die darauf achtet, dass sich die Nonnen den Regeln entsprechend verhalten, eine Verwalterin, die für die Verpflegung des Klosters zuständig ist, eine Tempelwärterin, die sich um den Lhakhang und die Darbringungen kümmert, und eine Ritualmeisterin, die die Pujas leitet. Zum weiteren Personal des Klosters gehören sechs Mönche und zwei Frauen, die Lehrtätigkeiten ausüben, ein Retreat-Meister, eine Sekretärin und ein Fahrer.

gemeinsame Meditation

Wie finanziert sich das Nonnenkloster?

Das Kloster finanziert sich über Spenden. Ein Teil des Geldes wird über das Drikung-Institut zugeteilt . Ein anderer Teil stammt aus den Spenden für Gebete und Pujas.

Gibt es Zukunftspläne?

Die Nonnen möchten sich in erster Linie intensiv dem Studium widmen.

Möchtet ihr noch etwas hinzufügen?

Die Nonnen bekunden bei allen Sponsoren sowie bei Ani Elke und Christian vom Aachener Zentrum ihren Dank für die hilfreiche Unterstützung von Samtenling!

Das Interview wurde von Claude Jürgens auf Tibetisch geführt
und ins Deutsche übersetzt.