Khenchen Könchog Gyaltsen Rinpoche

Das Dorf Tsari und die umliegende Gegend zählen zu den heiligsten Orten Tibets. Dort wurde Khenchen Könchog Gyaltsen Rinpoche im Frühling 1946 geboren und dort verbrachte er seine frühen Jahre. Aufgrund der politischen Situation in Tibet floh Khenchen Rinpoche 1959 mit seiner Familie nach Indien. Die Familie ließ sich dann in Darjeeling nieder, wo Rinpoche seine Ausbildung begann. Schon in jungen Jahren war er ein exzellenter und fleißiger Schüler und er konnte die Schulzeit schneller als üblich abschließen.

Etwa zur gleichen Zeit wurde in Varanasi in Indien eine neue Universität, das Central Institute of Higher Tibetan Studies, eröffnet. Festentschlossen, mit zu den ersten Studenten zu zählen, reiste Khenchen Rinpoche im Oktober 1967 nach Varanasi, um sich dort für die Aufnahme zu bewerben. Dann begann er einen neunjährigen Studienkurs, der sowohl Madhyamika, Abhidharma, Vinaya, das Abhisamayalankara und das Uttaratantra als auch Geschichte, Logik und tibetische Grammatik umfasste.

Khunu Lama

Khunu Lama

Anfang 1968 hatte er das große Glück, die volle Mönchsordination von dem bedeutenden Kalu Rinpoche zu erhalten und kurz nachdem er seinen Abschluss am Institut gemacht hatte, erhielt er auch vom sechzehnten Gyalwa Karmapa Belehrungen. Nachdem er den langen und anstrengenden Studienverlauf abgeschlossen hatte, wünschte Khenchen Rinpoche sein Wissen weiter zu vertiefen und den Dharma zu praktizieren. Mit dem gleichen Nachdruck, mit dem er früher seine Studien betrieben hatte, suchte und erhielt er Belehrungen und Unterweisungen von großen buddhistischen Meistern; u.a. studierte er bei dem ehrwürdige Khunu Lama Rinpoche zwei Werke von Gampopa: ‚Der Juwelenschmuck der Befreiung‘ und ‚Die kostbare Girlande des hervorragenden Pfades‘. Rinpoches Studien bei dem ehrwürdigen Khunu Lama umfassten auch Mahamudra und viele Lieder von Milarepa.

Mit dieser Ausgewogenheit zwischen theoretischem Verständnis und Meditationspraxis begann Khenchen Rinpoche 1978 unter der Führung des erleuchteten Meisters Khyunga Rinpoche eine Drei-Jahres-Klausur. In dieser Zeit konnte er sein Verständnis des Fünfteiligen Pfades der Mahamudra und des tiefgründigen Gongchig-Textes des Erhabenen Jigten Sumgön vertiefen und erweitern. Außerdem erhielt er viele weitere Übertragungen.

1982 besuchte Khenchen Rinpoche zum ersten Mal die Vereinigten Staaten. Sein Mitgefühl und seine Hingabe an den Dharma führten Rinpoche seit dieser Zeit in alle Teile der Welt. Er reist nun unermüdlich, gibt Belehrungen und errichtet Dharma-Zentren. Er übersetzte alle großen Drikung Kagyü Meditationsübungen wie Chakrasamvara, Vajrayogini, Guru Yoga, Chöd, Grüne und Weiße Tara, Chenrezig, Medizin-Buddha und andere Übungen.

Als qualifizierter und engagierter Übersetzer hat Rinpoche mehrere Bücher in englischer Sprache veröffentlicht, unter anderem: ‚Auf der Suche nach dem reinen Nektar des langen Lebens‘, ‚Der fünfteilige Mahamudra-Pfad‘, ‚Die Großen Kagyü-Meister‘, ‚Der Juwelenschmuck der Befreiung‘, ‚Ursachen von Glück und Leid‘. Auf diese Weise war es Rinpoche möglich, wichtige Texte der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und seinen Schülern eine gründliche und systematische Schulung im Dharma zu bieten (Die deutschen Übersetzungen einiger seiner Werke wurden im Drikung Kagyü Verlag veröffentlicht.).

1985 reiste Khenchen Rinpoche nach Drikung Thil in Tibet, dem Hauptsitz der Drikung Kagyü Linie. Dort konnte er von dem erleuchteten Meister, dem Ehrwürdigen Pachung Rinpoche, persönlichen Segen, Unterweisungen und Übertragungen zu Mahamudra und zu den Sechs Yogas von Naropa erhalten.

Als Khenchen Rinpoche im März 1997 Seine Eminenz Garchen Rinpoche in Tucson, Arizona traf, bat Seine Eminenz ihn eindringlich, sein Kloster in Tibet zu besuchen und den Mönchen und Nonnen dort Belehrungen zu geben. Khenchen Rinpoche behielt diese Bitte im Gedächtnis und brach im August desselben Jahres zu seiner Reise nach Tibet auf. Auf seinem Weg machte er in Europa halt, um in verschiedenen Dharma-Zentren Unterweisungen zu geben. Danach blieb er für drei Monate im Drikung Kagyü Institut in Dehra Dun, Indien, wo er die ‚Essenz der Mahayana Lehren‘ und andere wichtige Studienfächer unterrichtete. Weil ihn viele Menschen darum gebeten hatten, besuchte er auch Malaysia und Taiwan, um Ermächtigungen zu geben, Klausuren zu leiten und Vorträge zu halten.

Khyunga Rinpoche

Khyunga Rinpoche

Im Mai 1998 konnte er schließlich zum Kloster Gar reisen. Zunächst gab er den Mönchen und Nonnen in der Drei-Jahres-Klausur Belehrungen. Dann lehrte Khenchen Rinpoche den ‚Juwelenschmuck der Befreiung‘ und ‚Der Fünfteilige Pfad der Mahamudra‘. Er besuchte auch sechs weitere Drikung Kagyü Klöster und gab den Mönchen, Nonnen und Laien viele Unterweisungen. All den verschiedenen Menschen, die er traf, erklärte er, wie wichtig es ist, die kostbaren Lehren des Dharma zu studieren und zu praktizieren. Im Winter gab er über vier Monate Belehrungen zum Gongchig und der ‚Essenz der Mahayana Lehren‘. So wurden viele Mönche und Nonnen für ihr weiteres Studium und zur Praxis inspiriert.

Im Oktober 1999 kehrte Khenchen Rinpoche zum Tibetan Meditation Center in Maryland zurück. Dort strukturierte er das Zentrum neu und startete ein fünfjähriges Programm mit Unterweisungen. Derzeit errichtet er das Klausur-Zentrum Phuntsog Dargye Ling, um den Menschen im Westen ein länger andauerndes Praktizieren zu ermöglichen.

In Erinnerung an die Anstrengungen seiner frühen Jahre unterstützt und inspiriert Khenchen Rinpoche Mönche, Nonnen und Laien in ihrer Dharma-Praxis und ist stets bereit, sie soweit er kann zu unterstützen. Allen steht er großzügig zur Seite. Er ist mit Herz und Geist fest dem Dharma zugewandt und weist mitfühlend und mit großer Geduld den Weg. Im Jahr 2001 wurde er von Seiner Heiligkeit Drikung Kyabgön Chetsang Rinpoche zum Khenchen (‚großer Abt‘) ernannt.

Das Gewahrsein von Ursache und Wirkung,
die Praxis von Mitgefühl und Weisheit
und der Erleuchtungsgeist
sind das Herz der Lehren des Buddha.

 

Aus Rundbrief 2/2008