Opferung Sinnesfreuden

Altar und Opferungen – Teil 5: Weitere Übungen und Rituale zur Durchführung von Opferungen

In den buddhistischen Traditionen gibt es eine Vielzahl von Übungen und Ritualen, die mit dem Darbringen von Opferungen im Zusammenhang stehen und im täglichen Leben sowie bei Meditationen und religiösen Zeremonien eine verbreitete Anwendung finden. Diese Übungen dienen der Ansammlung1 von günstigen Bedingungen und der Beseitigung von Hindernissen und werden von Buddhisten in asiatischen Ländern mit großer Hingabe praktiziert. Einige dieser Rituale, die häufiger durchgeführt werden, sind hier kurz aufgeführt. Nähere Erklärungen zu den Übungen werden im Zusammenhang mit den Unterweisungen zur Praxis gegeben.

 

Dana (Skrt.): Großzügiges Geben

Opferung SinnesfreudenDana-Paramita ist die erste der sechs Paramitas2 (Skrt., Vollkommenheiten) zur Beseitigung von Anhaftung. In den buddhistischen Ländern ist die Praxis von Dana sehr verbreitet. Sie zeigt sich insbesondere in Opferungen an die Klöster, die spirituellen Lehrer und die Gemeinschaft der Sangha (ordinierte Mönche und Nonnen sowie an Praktizierende, die sich in einem Retreat befinden), sowie großzügige Spenden für buddhistische Projekte wie den Bau von buddhistischen Denkmälern wie Stupas usw., Förderung von Studien und Retreats, Spenden zur Erstellung und zum Druck buddhistischer Text, Spenden zur Durchführung großer Veranstaltungen usw.. Dadurch trägt jeder einzelne dazu bei, dass die Lehre des Buddha in Schrift und Verwirklichung erhalten bleibt und auch in der Zukunft in einer praktizierten Übertragung weitergegeben und gelehrt werden kann. Für den Spender bedeutet es eine Ansammlung von Verdiensten und positiver karmischer Eindrücke, die insbesondere für die Weiterentwicklung auf dem spirituellen Pfad wichtig sind.

Im täglichen Leben kann man einfache Darbringungen durchführen, Speisen oder andere Dinge durch Gebete widmen und seine freie Zeit dem Studium und der Praxis des Dharma widmen.

Die Praxis des Gebens wird außerdem in vielen Ritualen angewendet. Dabei unterscheidet man die äußeren, inneren, geheimen und äußerst geheimen Opferungen:

(1) die äußeren Opferungen entsprechen den materiellen Gaben, die tatsächlich oder in der Vorstellung dargebracht werden.

(2) die inneren Opferungen beinhalten die Praxis, sich auf Basis der Erkenntnis der Leerheit vorzustellen, den eigenen Körper (als Methode gegen Anhaftung) zu opfern.

(3) die geheimen Opferungen entsprechen [der Auflösung der Phänomene in] der Leerheit und

(4) die äußerst geheime Opferung ist die Opferung der Soheit (Skrt. Tathagatagarbha), die die Entstehung und Auflösung der Phänomene jenseits von dualistischen Konzepten beinhaltet.

Die siebenfache Opferung

Die sieben Zweige dieser Opferung bestehen aus: (1) der Zufluchtnahme, (2) den Opferungen, (3) dem Bekenntnis unheilsamer Handlungen, (4) dem Erfreuen an den Tugenden anderer, (5) dem Ersuchen, dass das Rad der Lehre gedreht werden möge, (6) dem Bitten an die Meister, nicht in das Nirvana einzugehen, bevor nicht das letzte Wesen die Befreiung erlangt hat und (7) der Widmung der Verdienste. In manchen Rezitationen werden (5) und (6) zusammengefasst und durch die Ansammlung der eigenen Verdienste ersetzt.

Die Rezitation entsprechender Texte aus den Sutras und Tantras werden in den tibetischen Traditionen vor der täglichen Praxis durchgeführt und als sehr verdienstvoll betrachtet. (Entsprechende Texte befinden sich in unserem Meditationsband 3: Gebete aus Sutras und Tantras)

Die Mandala-Opferung

Ein Praktizierender, der enorme Mengen von Verdienst und Nutzen zum Wohl der grenzenlosen fühlenden Wesen ansammeln möchte, soll das Mandala-Opfer praktizieren. Es gibt verschiedene Systeme in den Traditionen des tibetischen Buddhismus, wobei die ganze Welt mit ihren Kontinenten und Besitztümern bis hin zu Sonne und Mond in Form von verschiedenen Materialien dargebracht wird.

In seiner kurzen Form wird ein entsprechender Text rezitiert, wobei man mit einer Mudra und etwas Reis z.B. vor einer Belehrung oder Einweihung dem spirituellen Lehrer ein Mandala darbringt.

Im Zusammenhang mit den Vorbereitenden Übungen (tib. Ngöndro) wird die Darbringung des kostbaren Mandala zur Ansammlung von Verdienst in einer ausführlichen Form durchgeführt, zu der man entsprechenden Erklärungen erhält. So ist sie auch in den Vorbereitenden Übungen des Tiefgründigen Fünfteiligen Pfades zur Verwirklichung von Mahamudra (tib. Ngaldän) enthalten.

Opferungen GeschmackDas Opferungs-Mandala besteht aus einer Basis und Ringen aus kostbarem Metall. Auf einem Tablett mit Reishäufchen oder einer gewölbten Basis mit drei Ringen, die mit Reis gefüllt sind, wird symbolisch das ganze Universum geopfert (Chöpä-Mandala). Das Zentrum symbolisiert den kostbaren Berg Meru, der von den vier Kontinenten umgeben ist und auf denen sich zahlreiche weitere Opferungen befinden. Das Opfer wird den Objekten der Zuflucht dargebracht, auch wenn wir wissen, dass alle Gefühle, Gedanken, Schönheit und Opfergaben illusionäre Erscheinungen sind. Die Zufluchtsobjekte können ebenfalls durch eine entsprechende Anordnung von Reis (Drubpä-Mandala) oder in der Form von kunstvoll hergestellten Tormas symbolisiert werden.

Ähnlich symbolisieren die aus gefärbtem Sand hergestellten Mandalas die verschiedenen Gottheiten, die in Verbindung mit einer höheren Praxis des Vajrayana stehen und zu entsprechenden großen Einweihungen (Skrt. Abhisheka, tib. Wang) hergestellt werden (wie z.B. zur Einweihung in Kalachakra).

Die Ansammlung durch das Ganachakra (tib. Tsog)

Ein Ganachakra (Skrt., tib. Tsog: Ansammlung, Anhäufung) ist eine Praxis des Vajrayana zur Erneuerung der Samayas (Skrt., tib. Damtsig: tantrische Gelübde, die die Schüler durch eine Initiation aus dem Höchsten Yogatantra erhalten haben). Die Durchführung dieser festlichen Zeremonie führt die Mitglieder der Gemeinschaft zusammen und hat eine sehr tiefgründige Bedeutung.

Sie kann anhand von Sadhanas3 für den entsprechenden Anlass durchgeführt werden, wobei verschiedene Opferungen dargebracht werden. Für die Opferungen werden entsprechende Texte zur Segnung und Darbringung der Opfergaben eingefügt.

Ein Ganachakra findet häufig zu bestimmten Anlässen – wie buddhistischen Feiertagen oder besonderen Tagen entsprechend dem Jahresrhythmus – statt. Je nach Anlass und Möglichkeiten kann dies in einer sehr kurzen Form bis hin zu langen gemeinsamen Rezitationen und anschließendem Festessen durchgeführt werden.

Amitayus TormaDas Darbringen von Torma-Opferungen

In den tibetischen Traditionen haben sich zahlreiche Variationen dieses rituellen Opfers des Vajrayana entwickelt. Manche „Tormas“ werden mit großem Geschick in künstlerischen Formen aus Teig und gefärbter Butter oder anderen Materialien hergestellt und in entsprechenden Ritualen dargebracht. Einfache Tormas können auch durch normales Gebäck oder andere Materialien ersetzt werden.

Manche Tormas symbolisieren die Objekte der Zuflucht (Buddha, Dharma, Sangha, Guru, Deva und Dakini), andere symbolisieren Opferungen, die z.B. hindernisbereitende Wesen dargebracht werden, um Störungen während der Praxis zu verhindern. Entsprechende Rezitationen werden zu bestimmten Anlässen oder in der täglichen Praxis durchgeführt. So enthält z.B. die Praxis der Dharma-Schützer eine ausführliche Torma-Opferung an eine Vielzahl von Gästen.

Das Darbringen von Trink-Opferungen (tib. Serkyem)

Diese Darbringung wird häufig in Verbindung mit den Torma-Opferungen durchgeführt und ist ebenfalls in der Praxis der Dharma-Schützer enthalten. In einem speziellen Gefäß (Serkyem) wird Tee oder andere Getränke den Schützern des Dharma dargebracht. Das Zugeben von etwas Reis symbolisiert gleichzeitig das Darbringen eines Torma. Es können auch andere Gefäße verwendet werden, die für die entsprechende Situation geeignet sind.

Das Wasserritual an Vaishravana (tib. Dzambhala)

Eine andere Art von Opferung wird mit dem Wasserritual in Verbindung mit einer entsprechenden Sadhana an Vaishravana durchgeführt. Dabei wird ein spezieller Wasseropfer-Gefäßsatz (tib. Chutor Chö) verwendet wird, auf der sich die Statue einer kleinen Naga- oder Reichtumsgottheit befindet. Vaishravana gehört zu den Reichtums-Gottheiten und wird angerufen, um günstige Bedingungen für das Leben und die Praxis zu bewirken.

Opferungen GeruchDarbringung von Räucherwerk (Sang Puja)

In diesem Ritual bringt man in einem Gefäß Räucherwerk aus Kräutern, Weihrauch und anderen Substanzen dar und rezitiert entsprechende Gebete. Es gibt kurze Texte zur täglichen Rezitation und ausführlichere Rituale, die man zu besonderen Anlässen durchführen kann.

Feuer-Puja

Nach dem Abschluss von großen Einweihungen oder Retreats, die im Zusammenhang mit einer Praxis des Deva (Skrt., tib. Yidam) stehen, werden Feuer-Pujas durchgeführt, bei denen verschiedene Materialien wie Kräuter, Butter, Gewürze usw. verbrannt werden. Dies dient dazu, Verfehlungen zu reinigen und Hindernisse zu beseitigen.

Chöd (tib.): Das "Abschneiden" der Wurzel der Geistesgifte

Die Praxis des Chöd („Abschneiden“, Skrt. Phat) ist eine tantrische Methode zur Ansammlung von Verdienst und Weisheit. Sie dient dem Abschneiden der Geistesgifte Begierde, Hass und Unwissenheit, die die Ursachen allen Leidens sind. Man bezeichnet sie auch als Methode für arme Praktizierende, um Verdienst anzusammeln, da man an Stelle von materiellen Opferungen in der Vorstellung seinen eigenen Körper darbringt. Es wird erklärt, dass dies die höchste Praxis ist, um Anhaftung an ein Selbst zu lösen und aufzugeben.

Die Praxis des Chöd ist eine sehr außergewöhnliche Meditation, deren Klang und Visualisierung körperliche Krankheiten und geistige Verblendungen heilen kann. Diese Wirkung entfaltet sich bereits beim bloßen Zuhören. Es gibt viele Wege, das Chöd zu praktizieren, die dem Entwicklungsstand des Einzelnen entsprechen.

Abschließende Anmerkungen

Um günstige Bedingungen im Leben zu schaffen und Armut und Leiden zu verhindern, gibt es zahlreiche Übungen in den buddhistischen Traditionen. Die Entwicklung von Großzügigkeit und das Aufgeben von Anhaftung und eigennützigem Denken sind die Ursachen für ein glücklicheres Leben, in dem alles Notwendige vorhanden ist. Dies soll aber nicht nur dazu dienen, unseren Wohlstand und andere weltliche Güter wie ein langes Leben, eine gute Ausstrahlung usw. anwachsen zu lassen. Insbesondere für die spirituelle Entwicklung benötigt man viele Umstände und Bedingungen, um z.B. längere Studien oder Retreats durchführen zu können oder sich ganz dem Dharma zu widmen. So sollen die Übungen dazu beitragen, dass wir auch weiterhin immer wieder die Möglichkeit finden, den Dharma zu praktizieren und schließlich alle Geistesgifte zu überwinden und die Befreiung aus dem Daseinskreislauf zu verwirklichen.

Widmung

Durch das Heilsame, das ich und alle Wesen
in Samsara und Nirvana angesammelt haben,
und durch die angeborene Wurzel des Heilsamen –
möge ich mit allen fühlenden Wesen schnell
die unübertroffene, vollkommene, vollständige, kostbare Erleuchtung erlangen.

Mögen alles glücksverheißend sein!


1 Zwei Arten der Ansammlung: (1) Ansammlung von Verdienst auf der relativen Ebene, (2) Ansammlung von Weisheit [Einsicht] auf der absoluten Ebene

2 Die sechs Paramitas sind: (1) Dana-Paramita: Großzügiges Geben, (2) Shila-Paramita: vollkommene Ethik und Verhalten, (3) Shanti-Paramita: vollkommene Geduld, (4) Vidya-Paramita: vollkommene freudige Anstrengung, (5) Dhyana-Paramita: vollkommene Meditation (Konzentration), (5) Prajna-Paramita: vollkommene Weisheit 

3 Sadhana (Skrt. "Mittel zur Vollendung"): die Bezeichnung für eine bestimmte Art von Texten des Vajrayana zur Durchführung von Meditationsübungen und Ritualen. Sie enthalten Gebete und Anweisungen zur Meditation, die im Zusammenhang mit einem Meditationsobjekt rezitiert werden. 

 Aus Rundbrief 2/2008